Der mutmaßlich bekannteste Detektiv der Welt bekam in der Rolle des Benedict Cumberbatch um 2010 wieder Leben eingehaucht. Die durchaus klassische, allerdings in die Gegenwart modernisierte, Adaption lebt von einem herrlich intelligenten Sherlock, dem allerdings jegliche soziale Kompetenz fehlt und dem Zusammenspiel mit seinem besten Freund und „sozialem Betreuer” Dr. Watson.
Die insgesamt 4 Staffeln bieten zwar eine lose übergeordnete Handlung, allerdings handelt es sich bei den 90-minütigen Folgen de facto um Fernsehfilme. Eine Staffel besteht nur aus 3 (4) Folgen. In den ersten 3 Staffeln sind jeweils Folge 1 und 3 großartig, die jeweilige 2. Folge immer noch gut, aber nicht ganz auf dem Niveau. Häufig verbinden sich Folge 1 und 3 auch inhaltlich miteinander, während die 2. Folge (und manchmal die 0.) ganz andere Wege beschreitet. Man kann die Episoden auch außerhalb der Reihenfolge schauen, gerade für die über allem stehende Handlung der Konfrontation zwischen Sherlock und Moriarty (meine unendliche Bewunderung für Andrew Scott stammt aus dieser Serie) sollte man allerdings die vorgesehene Chronologie einhalten. „Sherlock” eroberte die Herzen der Serienfans damals im Sturm, was vor allem an der unvergleichlichen Qualitäts des Darsteller-Ensembles lag. Benedict Cumberbatchs überzeugende Chemie mit Martin Freeman und Andrew Scott, aber auch mit seinem Bruder Mycroft (Mark Gatiss, Drehbuchautor in Personalunion), sorgen immer wieder für die notwendigen Reibereien, die das Salz in der Suppe der Kriminalfälle sind.
Über die Fälle selbst habe ich noch gar nicht viel gesagt, aber die muss man inhaltlich auch nicht weiter spoilern. Im Kern sind diese meist relativ klassische Fälle, mal ein Kunstraub mit Mord, mal vermeintlich übernatürliche Geschehnisse im Waldl, mal muss Sherlock kriminelle Organisationen zur Strecke bringen. Highlights sind aber die Folgen, wenn es persönlich wird. Dabei sticht vor allem Bösewicht Moriarty heraus, der es in Sachen Intellekt scheinbar als einziger mit Sherlock aufnehmen kann, ein wahrhaftiges Katz & Maus Spiel entbrennt. Dies beginnt in der 3. Folge der 1. Staffel, wird in der 2.1 wundervoll weitergeführt gipfelt im unfassbar genialen Ende der 2. Staffel. Der Reichenbach Fall ist der vermutlich beste Fernsehfilm, den ich je gesehen habe, nicht umsonst einer der wenigen Filme, die ich mit einer 10/10 bewertet habe.
Die Produktion der Serie war damals durchaus besonders, gerade für Fernsehfilme. Besonders auffällig, wenn Sherlock in seine fulminanten Denkphasen eintritt, werden seine Gedankengänge durch schnelle Schnitte oder Einschübe, die an „A beautiful mind” erinnern, auch visuell verarbeitet. Weg von der klassischen soliden Krimi-Produktion, wollte Sherlock mehr bieten, einige Stunts hatten darüber hinaus auch Kinoqualität. Ob diese spezielle Machart auch heute noch zeitgemäß wirkt oder ob die Zeichen der Zeit an Sherlock sowohl inhaltlich als auch visuell genagt haben, kann ich nicht ganz einschätzen. Ich tippe aber, dass Sherlock zeitloser als solche Klassiker wie „The Sopranos” oder „The Wire” sein wird, vor allem, weil das Pacing der einzelnen Episoden meistens überzeugt.
Für mich und große Teile des Webs konnte Staffel 4 leider nicht an die vorherigen 3 fantastischen Staffeln heranreichen. Die Drehbücher wurden quatschiger, die sich auflösende Chemie zwischen Watson und Sherlock sorgte für schlechtere Stimmung. Letztlich hätte es für mich die 4. Staffel nicht gebraucht, sie zieht die Gesamtbewertung der Serie spürbar herunter. Sie ist immer noch nicht schlecht, aber eine deutliche Enttäuschung, wenn man von den vorherigen Staffeln kommt.
Mittlerweile sind die Rufe nach Folgestaffeln auch mehr oder minder verhallt, die Darsteller sind immer noch gut im Geschäft in anderen Rollen. Ich persönlich bin auch zufrieden, wenn es bei vier Staffeln bleiben würde. Aber gegen eine Reunion in fünf Jahren hätte ich auch nichts einzuwenden.



