Eine düstere Reise zu den Anfängen des FBI der 70/80er Jahre, als das „Profiling“ noch in den Kinderschuhen steckte. Eine interessante Geschichte, bei der die Ermittler gegen Widerstände in der eigenen Behörde dafür kämpfen mussten alte Strukturen aufzubrechen, um Mordfälle anders anzugehen.
Dafür brauchten sie einen besseren Blick in die Gehirne von Serienmördern und Psychopathen, um Motive und Beweggründe zu verstehen. Dies soll tatsächlich durch Interviews mit Serientätern sichergestellt werden, einige bekannte US-Serienmörder (wie Ed Kemper) werden porträtiert. Die FBI-Agenten Holden (Jonathan Geoff) und Bill (Holt McCallany) bilden zusammen mit der Psychoanalytikern Dr. Wendy Carr (Anna Torv) das Dreigestirn dieser neuen Art des Profilings. Dabei wird die Gruppe auch häufiger in den Feldeinsatz geschickt, als Unterstützung für aktuelle mögliche Serienmorde, wo die neuen Methoden erprobt werden sollen und es zu Konflikten mit anderen Ermittlungsbehörden kommt.
Daraus entspinnt sich eine düstere, teilweise sehr spannende und interessante Krimiserie in einem durchaus langsamen Pacing mit hohem Dialoganteil. „Mindhunter” basiert auf wahren Mordfällen und auch die Gespräche mit den Tätern sind zum Teil bis hin zur Wortwahl korrekt, was dem Ganzen einen gewissen Ekel und Grusel hinzufügt. Für die wichtigen und besten Folgen zeichnet sich Co-Creator und Executive Producer David Fincher (Fight Club, Se7en) selbst als Regisseur verantwortlich. Gerade die letzte Folge von Staffel 1 ist so großartig spannend, wie ich es selten erlebt habe (vielleicht bei „was ist in dem Paket?”).
Staffel 2 schließt sowohl inhaltlich als auch im Stil direkt an Staffel 1. Die anfänglichen Folgen haben noch die Gespräche mit Tätern – „die Theorie“ – zum Hauptinhalt, ab der Mitte geht es darum, das Erlernte in der Praxis umzusetzen, als Hilfe bei den Atlanta Kindermorden. Besonders clever ist, dass man sich als Zuseher konstant selbst fragt, wie sehr man der Theorie und dem Profil folgen will oder ob man andere Beweise benötigt. Eine sehr überzeugende, ambivalente Darstellung. Deutlich bemerkbar sind hierbei auch die starken Zodiac Vibes auf, ein vielleicht etwas unterschätzter Fincher Film. Holdens Privatleben gerät im Gegensatz zu Staffel 1 in den Hintergrund, diesmal stehen die Probleme seiner beiden Kollegen im Vordergrund. Dabei ist gerade die Handlung um Bill sehr heftig. Generell wird die Geschichte von großer Schwermut begleitet. Serienmörder, Kindermörder, Interviews mit Psychopathen, ein gewisses distanziertes Einlassen auf ihre widerwärtigen Gedankenkonstrukte: Mindhunter ist teilweise wirklich schwer zu verdauen, aber genau das ist auch ein Verdienst der Serie.
Ich wollte nach dem Ende von Staffel 2 sofort mehr. Ein wahres Trauerspiel ist, dass die Serie nach Staffeln beendet wurde. Die genauen Gründe sind nicht ganz klar, so ganz auszuschließen ist eine Fortsetzung auch nicht, aber nach der 2. Staffel von 2019 würde ich nicht mehr darauf wetten. Aktuell gilt die Serie als abgeschlossen, was immerhin ganz schön für Neueinsteiger ist: Somit hat man nicht endlos viele Staffeln vor der Nase.



