„Yellowjackets” war 2021 für viele ein Überraschungshit, der in einem wilden Genremix Coming-of-Age-Drama mit einem „wir stranden auf einer einsamen, gefährlichen Insel“ wie bei „Cast Away” verbindet und das Ganze mit Mysteryelementen, etwas Horror und einigen Gewaltspitzen anreichert. Doch dies ist noch nicht genug, denn darüber hinaus wird in einer zweiten Zeitebene, 25 Jahre später, das Leben der Überlebenden dieses unfreiwilligen Inselabenteuers beleuchtet. In der 2021er Gegenwart geht es teilweise um die spannende Aufarbeitung dessen, was damals passiert ist, allerdings wird sich auch auf neue Probleme und mögliche Intrigen fokussiert.
1996 stürzt eine US-High School Frauenfußballmannschaft mit ihrem Flugzeug auf dem Weg zu einem Nationals-Finale ab, die Überlebenden des Absturzes versuchen zu überleben und möglicherweise einen Weg zurück in die Zivilisation zu finden. Direkt zu Beginn wird deutlich, dass nicht jede Figur auch den Weg in die Sicherheit finden wird. Auf dieser Insel passieren darüber hinaus einige vielleicht übernatürliche Dinge, die die Mädchen versuchen zu ergründen. Doch im Zentrum stehen die zwischenmenschlichen Beziehungen untereinander. Es gibt Freundschaften, Liebschaften, Feindschaften, Mobbing, alles was man kennt und vielleicht schätzt aus High School-Geschichten. Im Jahr 2021 haben schließlich alle Überlebenden ihre eigenen Probleme, werden auch noch in neue Kriminalfälle involviert und das Misstrauen sowie die Vorwürfe bezüglich der Vergangenheit werden lauter. Getragen wird dieses gut produzierte, an einigen Stellen zu klassisch inszenierte Drama von den überwiegend starken Darstellerinnen. Vor allem die Erwachsenen (Melanie Lynskey, Christina Ricci, Juliette Lewis) spielen gut, aber auch die jüngeren Darstellerinnen (Sophie Thatcher, Ella Purnell) sind überraschend gut und bilden das Faustpfand der Serie.
Ich fand es etwas schade, dass das „Überleben in der Wildnis“-Setting nicht mehr ausgespielt wird, sondern häufig nur wie eine Kulisse wirkt, vor der so ziemlich jedes Teenager High School Klischee bedient wird – es gibt sogar so etwas wie eine Prom Night. Die Gefahrensituation wird als solche kaum erkannt, die Wildnis nicht so richtig vor- und dargestellt, Rettungsmöglichkeiten werden selten mal eruiert oder verfolgt. Darum geht es eben nicht, was ich anhand der Prämisse durchaus erwartet hatte und mich deshalb etwas enttäuschte. Stattdessen stehen Beziehungen im Vordergrund, sowie ein vielleicht übernatürlicher Handlungsstrang, denn einige Leute drehen psychisch ziemlich durch. Die in der Gegenwart erzählte Zeitlinie ist stringenter und hat weniger mit Teenager-Problemen zu kämpfen, wodurch sie oberflächlich besser gelungen wirkt. Dennoch natürlich ist die Insel und was darauf mysteriöses passiert ist, der Ankerpunkt der Serie, der interessanteste Teil. Ein fieser Plotpunkt wird bereits in der ersten Szene der Serie sehr drastisch angekündigt, allerdings überraschenderweise bis zum Ende der 1. Staffel nicht aufgeklärt. Generell hört die 10–teilige erste Staffel auf, wenn es gerade spannender wird. Ich hätte mir gewünscht, dass man den Plot der Mitte der Serie zusammenstaucht und schneller zu den interessanten Handlungssträngen kommt, vielleicht auch in nur 8 Episoden.
Zusammenfassend ist „Yellowjackets” ein schöner ungewöhnlicher Genremix, den ich so noch nicht gesehen habe, der sich aber trotzdem vertraut anfühlt. Glücklicherweise gibt es immer wieder WTF-Momenten, die meistens in Gewaltspitzen den Boden unter den Füßen wegreißen können. Die Serie kann damit einige starke Highlight-Sequenzen bieten. Deswegen kann ich die spürbare Länge in der Mitte der 1. Staffel und die absolut grauenvolle Darstellung des Fußballspielens verzeihen.
Ich hatte damals Interesse die Serie weiterzuverfolgen, aber mit dem deutschen Start von Paramount+ wechselte die Serie von Sky herüber, ich wollte nicht extra dafür ein neues Abo abschließen. Mittlerweile gibt es bereits 3 Staffeln der Serie, meine Bewertung gilt nur für Staffel 1.



