Unbelievable – großartiges und fieses True Crime-Drama. Review Miniserie

„Unbelievable” ist zugleich eine der besten und am schwersten erträglichen Miniserien. Die Serie, die unglaublicherweise auf wahren Begebenheiten basiert, zeigt in ihrer Pilotepisode die Vergewaltigung einer jungen Frau aus ihrer Perspektive. Diese unglaublich intensive, grauenvolle Szene wird ausführlich präsentiert, doch der Schrecken endet an dieser Stelle nicht. Als die junge Frau zur Polizei geht, um die Tat anzuzeigen, glaubt ihr niemand, schlimmer noch: Sie wird retraumatisiert und der Falschaussage bezichtigt.

Zu Beginn möchte ich explizit eine Triggerwarnung für Vergewaltigung und Retraumatisierung aussprechen, vor allem weil die Szenen in ihrer ganzen Grausamkeit nicht nur angedeutet werden, sondern man emotional gepackt wird. Ich empfehle, aufgrund von Spoilern, sich vorher nichts über den realen Fall anzulesen. Für mich funktionierte die Serie sehr gut, weil ich vorher nichts von diesem US-amerikanischen Fall wusste. „Unbelievable” ist richtig und wichtig für die Gesellschaft, jeder, der sie emotional anschauen kann, sollte dies auch tun. Über die Vergewaltigungsthematik hinaus, wird die Serie überraschend schnell bereits ab Episode 2 zu einer relativ klassischen Kriminalgeschichte.

Nach der schlimmen Vergewaltigungssequenz zu Beginn möchte die Jugendliche Marie Adler (Kaitlyn Dever, „Dopesick”, „Apple Cider Vinegar”) diese Tat bei der Polizei anzeigen. Doch die beiden männlichen Ermittler schenken ihr – aufgrund ihres schlechten Rufes, Misogyne oder anderem – keinen Glauben, befragen sie aber immer wieder nach Einzelheiten der Tat, was die junge Frau überfordert und retraumatisiert. Letztlich zweifelt sie sogar kurz selbst an ihrem Verstand und fühlt sich so sehr in die Enge getrieben, dass sie allem zustimmen würde, um nur der neuerlichen, traumatisierenden Situation zu entfliehen. Somit wird ihr auch noch eine Anklage wegen Falschaussage untergejubelt, die für diverse Probleme in ihrem direkten Umfeld sorgt und sie im weiteren Verlauf sogar zur öffentlichen Zielscheibe der Presse, sowie vor Gericht werden lässt. Das Leben der jungen Frau wurde damit nur einmal, sondern gleich mehrfach zerstört. Der unglaublich intensive Beginn der Serie ließ mich damals wutschnaubend und fassungslos zurück, ich konnte kaum glauben, dass das die Realität ist. Allerdings sind diese Retraumatisierung durch Ermittlungsbehörden und die fehlenden Aussichten auf Erfolg einer Anzeige für Vergewaltigungsopfer leider an der Tagesordnung, weswegen sich viele dazu entscheiden, die Taten nicht anzuzeigen. Das ist gleichzeitig nachvollziehbar und kaum erträglich, wenn man darüber nachdenkt, wie viele Täter deswegen nie verurteilt werden. 

Doch zurück zur Serie selbst: Nach der Tat und dem grausamen Polizeibesuch vergehen in der zweiten Folge drei Jahre, in denen die junge Marie weiter strauchelt. Die Serie beschäftigt sich auch damit, wie Marie Jahre später auf die Tat blickt und wie die beiden traumatisierenden Erlebnisse, sowie die öffentlichen Auswirkungen der Falschaussage-Anklage ihr Leben verändern. Doch die hauptsächliche Erzählperspektive wechselt überraschend schnell hinüber zu zwei Detectives. Kommissarin Karen Duvall (Merritt Wever) ermittelt Jahre später in einem sehr ähnlichen Vergewaltigungsfall, gemeinsam mit der Kommissarin Grace Rasmussen (Toni Collette) bemerkt sie, dass sich eine ganze Reihe von vermeintlichen und verbrieften Vergewaltigungen miteinander verknüpfen lassen, es sich vielleicht sogar um einen Serienvergewaltiger handeln könnte. Die beiden beschließen die Fälle aufzuklären, befragen Opfer, holen das FBI mit ins Boot und stoßen später auch auf den Fall von Marie Adler.

Die unglaublich fiese und bittere Miniserie wird durch den starken Realitätsbezug umso bitterer. Alle Szenen rund um Marie und ihre Zeit vor Gericht sind im weiteren Verlauf weiterhin schwer anzusehen, immerhin geben die beiden Kommissarinnen, die der Lösung und der möglichen Gerechtigkeit für Marie immer näher kommen, allerdings Hoffnung. Der passende und umfassende Rundumblick auf das Thema der Vergewaltigungen mit all ihren Auswirkungen aus der Opferperspektive wird gekonnt mit klassischen Krimielementen verwoben. Die Produktion ist auf einem guten Niveau, die Inszenierung ist weitgehend gut, an einigen Stellen nur etwas kitschig oder überinszeniert, was es gar nicht braucht. Doch das fällt nicht weiter ins Gewicht bei einer Serie mit einem solch wichtigen Thema. Absolut überragend ist Kaitlyn Dever, die ich seitdem als großartige Schauspielerin ansehe, in der Hauptrolle. Sie verkörpert die Verletzlichkeit, Überforderung, Wut, das Leid, aber auch die innere Stärke ihrer Figur absolut überragend, was ihrem Charakter eine hohe Authentizität verleiht und die Zuschauerschaft emotional mitnehmen kann.

Zusammenfassend ist diese 8-teilige Miniserie fesselnd, bitterböse, zum Teil schwer erträglich und großartig gespielt, ich war emotional stellenweise sehr mitgenommen. Die erste Episode und die 7. sind die Highlightfolgen, das etwas pathetische, aber passende Ende führt „Unbelievable” zu einem absolut gelungenen und runden Abschluss. Eine Serie, die man aufgrund ihrer gesellschaftlich wichtigen Thematik und ihres Realismus gesehen haben sollte – wenn man das Thema denn ertragen kann.

86/100
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