Thin Blue Line – Das ereignisreiche Leben von Streifenpolizisten. Review Staffel 1

„Thin Blue Line” ist eine schwedische Polizeiserie, die allerdings nicht im klassischen Krimibereich einzuordnen ist, sondern das Drama in den Vordergrund stellt. Die Serie bietet keine typische „Neo-Noir Mordermittler sucht Serientäter”-Geschichte, sondern porträtiert die tägliche Arbeit von Streifenpolizisten. Die Serie, die durch ihre nahe und beobachtende Erzählweise auffällt, umfasst mittlerweile 3 Staffeln, ich sah bislang nur die erste.

Im Zentrum der Serie steht die junge Sara (Amanda Jansson), die bereits kurz nach ihrer Ausbildung ins kalte Wasser der Streifenpolizisten-Arbeit in Malmö geworfen wird. Als Neuling ist sie die sinnvolle Hauptperson, jedoch gerät schnell ein ganzes Ensemble aus Streifenpolizisten in den Mittelpunkt der Erzählung, die Zuschauer bekommen aus einer beobachtenden Position den Arbeits- und persönlichen Alltag der Polizisten mit. Dabei scheut sich die Serie nicht viele schwere Themen zumindest anzuschneiden, das inhaltliche Potpourri ist groß: Mord, Verschwinden kleiner Mädchen, Drogen, Alkohol, Demonstration, Vergewaltigung, Anschlag, Amok, Raubüberfälle, Religionskonflikte, Rassismus und auch eine Nazi-Thematik stehen für die überforderten Polizisten auf der Tagesordnung, häufig im schnellen Wechsel. Dabei geht die Serie selten in die Tiefe oder erklärt Hintergründe, sondern präsentiert alles häppchenweise und nur anteilig – so wie es eben auch für die Streifenpolizisten ist. 

Durch die nahe, dynamische Kamera gelingt eine temporeiche Darstellung des schweren, wechselhaften Alltags, bei dem die Polizisten stets schnell die Situation und deren Schwere einschätzen müssen. Die wenig wertende, beobachtende, aber in den emotionalen Momenten sehr eindringliche Produktionsweise funktioniert gut. So entsteht ein charaktergetriebenes Ensemble-Drama vor greifbarem und realistischem Hintergrund. Das Verhalten der Polizei und der Beamten kann man häufiger kritisch sehen, manchmal stimmt man den Handlungen aber auch zu. Die Serie behält eine gewisse Ambivalenz und ist weder vollumfängliche Anklage noch bedingungslose Unterstützung für die Polizei. Obwohl man zwangsläufig ein gewisses Mitgefühl für die Streifenpolizisten entwickelt, aufgrund dessen, was Schlag auf Schlag Tag für Tag passiert, sind auch die negativen Momente deutlich. Häufiger verspürt man eine gewisse Antipathie aufgrund der Aussagen der Kollegen. Somit bleibt alles im Graubereich. 

Die gute Produktion von „Thin Blue Line” ist identitätsstiftend, bei der Handlung hätten für mich die Liebesgeschichten eingegrenzter sein dürfen, vor allem am Ende der 10-teiligen 1. Staffel nimmt das einen zu großen und unnötigen Raum ein. Die Darstellerinnen der Leah (Gizem Erdogan) und Sara (Amanda Jansson) sind sehr stark, insgesamt kann sich die Serie auf ein gutes und authentisch-wirkendes Darstellerensemble verlassen. Somit ist „Thin Blue Line” eine empfehlenswerte Serie, die durchaus ein kleiner Geheimtipp ist, dies aber aufgrund des ungewöhnlichen Themas mutmaßlich leider auch bleiben wird. Online gilt die erste Staffel als stärkste, ich beziehe mich in meiner Bewertung bisher auch nur auf diese.

80/100
Total Score
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