The Night of – Großartige Serie mit einer der besten 1. Folgen überhaupt. Review Miniserie

HBO-Miniserien sind häufig schon etwas Feines. So auch „The Night of” aus dem Jahr 2016, das mittlerweile vielleicht sogar ein Klassiker ist. Die Serie mit einer hochgradig intensiven und fantastischen ersten Folge konnte mich damals vom Hocker reißen. Das im späteren Verlauf klassischer wirkende Gerichtsdrama beginnt dadurch, dass zum Hauptverdächtigen eine große Nähe aufgebaut wird. Ein starkes Setup.

Nasir ‚Naz‘ Khan (Riz Ahmed; ganz fantastisch) studiert in New York und lebt noch bei seinen pakistanisch-stämmigen Eltern. Er wirkt zu Beginn schüchtern, unerfahren und wohlbehütet, doch eines Abends „leiht” er sich das Taxi seines Vaters, um zu einer Party aufzubrechen. Auf dem Weg dorthin steigt eine Frau namens Andrea (Sofia Black-D’Elia, wunderbar geheimnisvoll, schade, dass ihre Karriere nie richtig Fahrt aufnahm) zu ihm ins Auto, weil sie fälschlicherweise glaubt, dass das Taxi im Dienst sei. Gemeinsam fahren die beiden durch das von Lichtern durchzogene New York und finden aneinander Gefallen, so dass Andrea Naz mit zu sich nach Hause nimmt. Dort werden Drogen genommen und auch das allseits beliebte Finger-Messer-Spiel wird gespielt, der Abend endet für Naz mit Sex bis er das Bewusstsein verliert. Doch am nächsten Morgen ist seine Welt eine komplett andere, er gerät von einer Ausnahmesituation in die nächste und landet letztlich in Polizeigewahrsam, woraufhin er sogar angeklagt wird. Dort gelangt er mehr zufällig an den Anwalt John Stone (John Turturro, sehr gut), der ihn fortan vertritt. Infolgedessen entbrennt ein Gerichtsdrama, gekoppelt mit einem Familiendrama, über dem die Frage schwebt: War er es? War es jemand anderes? Schon bald wird vor aller Augen aus dem jungen, schüchternen Mann ein möglicher Mörder, den viel Dunkelheit umgibt – zumindest wenn man den Ausführungen der Staatsanwaltschaft Glauben schenkt.

Das Krimi-Mystery-Gerichtsdrama mit dem Hauptverdächtigen in der Hauptrolle spielt in der USA von 2015. Aufgrund der Abstammung von Naz sind auch Rassismus und „racial profiling” Themen, darüber hinaus hinterfragt die Serie das gesamte amerikanische Justizsystem und fragt nach, ob der Begriff Resozialisierung tatsächlich korrekt oder eher irreführend ist. „The Night of” ist ganz großartig produziert, Regisseur, Schöpfer und Drehbuchautor Steven Zaillian (Drehbuchautor von Schindlers Liste, Regie & Drehbuch von Ripley) gelingt ein vielschichtiges Werk, dass durch neue Informationen ständig einen neuen Blick auf den Prozess, seine Charaktere und die Verdächtigen wirft. Die zahlreiche Wendungen und die stimmige Grundatmosphäre werden von einer starken Inszenierung untermalt, zudem gelingt der Spannungaufbau immer wieder herausragend. Auch das gute Darstellerensemble, zu dem auch Bill Camp und Michael Kenneth Williams gehören, überzeugt auf ganzer Linie. Vor allem Riz Ahmed liefert herausragend ab in einer seiner vielschichtigsten und spannendsten Rollen überhaupt. Dieses Ensemble, zusammen mit dem glaubhaften Setting, sorgt für eine hohe Authentizität der Serie.

Besonders zu Beginn und in den letzten beiden Episoden ist „The Night of” ganz fantastisch, wunderbar intensiv und auch herrlich fies. Die dazwischen liegenden Folgen können dieses sehr hohe Niveau nicht ganz aufrechterhalten, ab und an werden auch kurz erzählerische Pausen genommen, aber die Geschichte bleibt stets interessant und tiefgründig, man möchte wissen, wie es ausgeht. Durch den starken Beginn der Serie war ich allerdings von Anfang an ihrer Sogwirkung erlegen. „The Night of” ist eine großartiges Krimidrama, das viele Themen darüber hinaus sorgfältig und unterhaltsam beleuchtet. Spannend bis zum Schluss, ist die 8-teilige HBO-Miniserie auch heutzutage immer noch sehr sehenswert.

86/100
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