Die große dystopische Amazon Prime Original-Serie, die – basierend auf einem Buch von Philip K. Dick aus dem Jahr 1962 – mit einer scheußlichen alternativen Realität spielt: Die Achsenmächte, die deutschen Nazis unter Hitler gewannen gemeinsam mit dem kaiserlichen Japan den 2. Weltkrieg und wurden zur Besatzungsmacht in den USA. Auch eine Science-Fiction Komponente spielt eine Rolle in der Serie.
Die Haupthandlung der Serie beginnt in den USA um 1962. Die amerikanische Westküste steht unter japanischer Kontrolle, die Ostküste und der Süden unter deutscher Kontrolle. In der Mitte gibt es ein vermeintlich neutrales Territorium, eine Pufferzone zwischen den zwei neuen Großmächten, die unter sich weite Teile der Welt aufgeteilt haben. Die Gebiete werden dabei mittlerweile auch von amerikanischen, indoktrinierten Kollaborateuren kontrolliert. Innerhalb des Jahres 1962 gelangt eine Widerstandsgruppe an eine Filmrolle, die unsere tatsächliche Realität zeigt und damit die Tür für ein Multiversum öffnet, wie man mittlerweile nur allzu gut aus Superhelden-Verfilmungen kennt. Natürlich möchten sowohl japanische als auch deutsche Besatzer alles dafür tun, dass diese Filmrolle nie das Licht der Öffentlichkeit erblickt, weil sie vermuten, dass so der Funken der Rebellion im eigentlich recht desillusionierten und entmilitarisierten Nordamerika wieder entfacht werden könnte.
Das geschichtlich interessante und durchaus realistisch wirkende Setting ist der große Star dieser Serie, die ansonsten visuell durch das Amazon-Geld auch durchaus besser hätte aussehen dürfen. Auch in Sachen Regie und Inszenierung gibt es Luft nach oben. Teilweise möchte ich der Serie auch fehlende Mühe unterstellen, was besonders als Deutscher auffällt, wenn man die Serie im Originalton schaut. Denn im Verlauf reden viele Figuren häufiger mal „Deutsch”, allerdings so gebrochen und falsch (obwohl sie teilweise Muttersprachler darstellen sollen), dass man sich etwas veralbert vorkommt.
Staffel 1 fokussiert sich vor allem auf die Etablierung des Status Quo und erzählt dann eine Roadtrip-Agentenstory mit Doppelagenten. Die Grundhandlung ist dabei gut und spannend, einige Nebenhandlungsstränge überzeugen weniger. Staffel 2 fand ich wesentlich strukturierter, düsterer und dadurch signifikant besser, in Teilen sogar wirklich gut, wenn die Handlung nach Deutschland verlegt wird. Staffel 3 verlor mich leider zu Beginn etwas, endet dann aber mit einem großen Knall. Qualitativ auf einem ähnlichen Niveau zu Staffel 1.
Staffel 4 hat die Aufgabe die verworrene Geschichte zu Ende zu führen und endlich Antworten zu finden. Das gelingt von Beginn an durch ein deutlich besseres Pacing. Grundsätzlich passiert viel mehr und in schnellerer Abfolge, was dem Unterhaltungsgrad natürlich sehr hilft. Dafür wird die Auswahl an Hauptcharakteren auch kompromisslos eingeschränkt, was man einfach akzeptieren muss. Dies führt positiv zu stringenteren Handlungssträngen als zuvor, das Setting gerät leider etwas in den Hintergrund.
Letztlich ist zu Beginn einer amerikanischen Serie natürlich auch klar, wohin es führen wird, damit auch noch ordentlich der Pathoshunger befriedigt werden kann. Die Sinnhaftigkeit und Logik des Endes erschließen sich mir allerdings leider nicht ganz. Insgesamt fand ich die zweite Staffel wirklich gut, auch die letzte war ein überwiegend gelungener Abschluss. Die 1. Staffel hatte außerhalb des spannenden Settings in Sachen Handlung leider nicht so viel zu bieten, Staffel 3 wirkte wie eine uninspirierte Übergangsstaffel.
Wenn man großer Fan von alternativen Realitäten ist, gerade wenn es um solche historischen Ausmaße geht, dann kann „Man in the High Castle” dennoch gefallen. Leider hat es nur einige Makel und somit bleibt viel verschenktes Potenzial auf der Strecke.



