„The Expanse” ist eine epochale, groß angelegte Science-Fiction-Serie, die überwiegend im Weltall oder in Basen auf unterschiedlichen Planeten spielt. Es handelt sich um eine originelle Welt (basierend auf 9 Büchern). Die Sci-Fi-Mystery-Serie wird häufiger als „Must see” für Genrefans bezeichnet und hoch bewertet. Ist das angebracht? Für Sci-Fi-Fans ein Muss, hat die 6-staffelige Serie zu viele Makel und schwächere Staffeln um allerhöchste Punktzahlen einzufahren. Dennoch gibt es eine klare Empfehlung!
Die Serie beginnt in ihrer ersten Staffel leider etwas langsam, nimmt sich Zeit für die Exposition zahlreicher Charaktere und wirkt verwirrend. Es benötigt ein paar Folgen bis man beginnt, Zusammenhänge zu verstehen. Bereits in der 2. Hälfte der 1. Staffel wird man für die Geduld allerdings belohnt. Daher möchte ich darum bitten, dass man der Serie etwas Zeit zur Entfaltung gibt. Ich werde kurz die Serie in ihrer Ausgangssituation, Eigenarten, Stärken und Schwächen darstellen, ehe ich danach kurz die einzelnen Staffeln beschreibe.
„The Expanse” ist 200-300 Jahre in der Zukunft angesiedelt. Der Weltraum ist bereits groß erkundet und zum Teil auch kolonisiert. Es gibt weiterhin die Erde, die Marsianer (Nachfahren von Erdlingen, die vor langer Zeit die Mondbasis aufbauten) haben sich zu der bedeutenden zweiten Macht in dieser Welt aufgeschwungen. Als dritte Fraktion gibt es die „Belter“ (oder „Gürtler” im Deutschen), eine weitere „Rasse“, die ihr Leben lang auf Raumstationen verbringen, auf diesen geboren wurden und dort vor allem arbeiten. Die Serie arbeitet mit vielen verschiedenen Personen, die unterschiedliche Herkünfte, Blickwinkel und Fraktionen verkörpern und das Ganze zu einem klugen Geflecht, zu einer realistischen Welt werden lassen. Visuell absolut beeindruckend für vergleichsweise kleines Geld und mit hervorragendem Worldbuilding ausgestattet, hapert es teilweise bei Schauspielern, Dialogen und unlogischen Charakterhandlungen. Doch daraus entstehen zumindest teils wirklich großartige (oder großartig-dumme?) One-Liner, die an die 80er Jahre erinnern – teilweise fasst man sich bei den Dialogen aber auch an den Kopf. Durch zahlreiche Action- und Schlachtsequenzen (Weltraumkämpfe), gute Spannungsmomente, schöne Locations, Philosophie und Mystery-Elemente, sowie ein weitgehend gutes Pacing, ist die Serie überwiegend unterhaltsam. Die 6 Staffeln der Serie schließen alle grob aneinander an und bilden eine abgeschlossene Haupthandlung.
Staffel 1 fokussiert sich noch stark auf einen Polizeikommissar, der nach einer vermissten Person sucht, die in das Spannungsfeld der verschiedenen „Rassen” gesogen wurde. Die Welt mit all ihren gesellschaftlichen Spannungen wird illustriert. Zudem lernen wir vor allem die UN als Vorsteher der Erde und die Crew der Rosinante kennen.
In Staffel 2 kommen neue Hauptcharaktere hinzu, der Konflikt wird nun größer. Vor allem zwischen Mars und Erde, allerdings wird auch deutlich, dass es noch weitere Lebensformen gibt. Darüber hinaus werden zahlreiche Mystery-Elemente beigemischt, man wird zum Philosophieren und Nachdenken eingeladen. Die Frage, was im All lauert und was das Protomolekül damit zu tun hat, wird weiter ergründet.
Staffel 3 führt Staffel 2 logisch weiter und wird noch etwas seltsamer und auch philosophischer. Das Ende der 3. Staffel ist wahnsinnig spannend erzählt, bietet gleichzeitig einen gelungenen Abschluss eines langen Handlungsstrang und öffnet die Serie für ganz neue Sphären. Staffel 2 und 3 bilden eine Einheit und sind für mich der stärkste Teil der ganzen Serie.
Staffel 4 begeht den Fehler, alles wieder kleiner halten zu wollen, indem man einen schon aus anderen Staffeln bekannten Konflikt erneut in einem Mikrokosmos auf einem gesonderten Planeten ablaufen lässt. Die 4. Staffel hat wieder viel Exposition und wirkt daher eher wie eine 1. Staffel. Eine sehr seltsame Entscheidung, die Staffel 4 in etwa auf Staffel 1 Niveau befördert, nur eben zum zweiten, weniger spannenden Mal alles erklärt.
Staffel 5 wird wieder deutlich größer und rundum bedeutender für die ganze Expanse-Welt. Startet gut und mit wenig Exposition, gerade in der ersten Hälfte geht es Schlag auf Schlag, die Handlung schreitet schnell voran. Problematisch ist die komplette Aufteilung der Rosinante Crew in Kleingruppen, die alle ihre eigene Agenda verfolgen. Davon sind einige Handlungsstränge (Alex&Bobby Mars/Holden) besser gelungen, andere weniger gut (Amos/Naomi). Das fällt vor allem in der schwächeren zweiten Hälfte der Staffel negativ auf.
Staffel 6 bringt die Story zu Ende. Zumindest ist das Stand 2022 erstmal so geplant. Dennoch wird in den ersten paar Minuten jeder Folge ein Handlungsstrang präsentiert, der mit dem Rest wenig zu tun hat und wohl in den folgenden Expanse-Büchern vorkommt. Ist das doch ein Hinweis die Serie weiterführen zu wollen? Für diese Staffel wirkt dieser Kunstgriff allerdings sinnlos.
Die finale Showdown-Staffel fühlt sich mit ihren nur 6 Episoden reichlich übereilt und zu gedrungen an. Zum ersten Mal merkt man der Show das nicht genügende Produktionsbudget an – vor allem bei den Locations und den Kämpfen, die teilweise gar nicht richtig gezeigt werden. Wenn man sich die Zeit dafür allerdings nimmt und die wichtigen Handlungen auch zeigt, dann ist das meistens cool und gut aussehend. Letztlich ist die Geschichte am Ende etwas seicht (kann man mögen, muss man nicht) und fühlt sich gehetzt an. Insofern bietet die 6-staffelige Serie leider ein leicht enttäuschendes Ende, weil ihr die Zeit ausging.
Dennoch möchte ich „The Expanse” empfehlen. Für Genrefans und auch solche, die es werden wollen. Leider war der Abschluss etwas enttäuschend, sonst wäre die Bewertung höher ausgefallen.



