The Boys – Comedy-Superhelden-Parodie mit viel Action&Blut. Review Staffeln 1-4

In einer der unseren nicht unähnlichen Parallelwelt sind Superhelden ganz normal. Sie werden als Berühmtheiten, als Stars gefeiert, haben unzählige Follower, spielen in Filmen mit, haben werbewirksame Heldeneinsätze und sind auch aufgrund ihrer Macht politisch relevant. Die Superhelden werden von einer übergeordneten „Agentur”, dem mächtigen Großkonzern „Vought” vermarktet, der ein knallhartes Geschäft mit den Superhelden betreibt. Wer nicht mehr funktioniert, der wird abgesägt. Dabei achtet Vought in der Öffentlichkeit auf ein gutes Image seiner Helden, doch privat sind die Superhelden überwiegend antagonistische, empathielose Charaktere, die Menschenleben kaum wertschätzen und sich selbst für die wichtigsten und mächtigsten Personen der Welt halten. Allen voran Homelander (Antony Starr, herrlich böse), der durchgeknallteste von allen, der der bekanntesten Superheldengruppe, den „Seven” (sowas wie die „Avengers”) vorsteht. Nun soll es Zuwachs zu der bekanntesten Superhelden-Truppe geben, in Castings kristallisiert sich die tatsächlich idealistische Starlight (Erin Moriarty) als Favoritin heraus. Gleichzeitig bringt einer der Superhelden aus Versehen die Freundin des Hauptcharakters Hughie Campbell (Jack Quaid) um, der daraufhin von Billy Butscher (Karl Urban) rekrutiert wird. Butscher ist der Anführer der titelgebenden „Boys”, einer Untergrundorganisation, die gegen korrupte Superhelden kämpft. 

Nach dieser Ausgangssituation entwickeln sich die Handlungsstränge relativ genretypisch mit einigen Lovestory-Momenten, viel Polit- und Gesellschaftssatire, sowie den unvermeidlichen actionreichen Konflikten, die am Horizont lauern. Eigentlich bin ich überhaupt kein Fan von Superhelden, aber dieser andere, frische Ansatz macht die bislang 4-staffelige Serie, die 2026 noch eine finale fünfte Staffel erhalten soll, sehenswert. Dabei hilft auch die exzellente Produktion, die guten Effekte und die stimmige Atmosphäre der Serie, die gekonnt Comedy mit Drama und Action verbindet. Sie wirkt dabei hochwertig, allerdings nicht hochglänzend, sondern thematisch passend – dreckig.

Staffel 1: Die Exposition und das World Building sind zu Beginn stark, die Parodien über Superhelden und deren Verknüpfung mit Social Media empfinde ich als sehr gelungen. Danach zeichnen sich der weitere Handlungsverlauf und der bevorstehende abschließende Showdown der Staffel durch viele Andeutungen bereits arg früh ab, so dass die mittleren Folgen etwas ruhiger wirken und zeitweise auf der Stelle treten (Stichwort Love Story). Humoristische Einlagen sind häufiger zu bestaunen, sie sind manchmal on point, manchmal etwas dämlich-slapstickhaft. Das 18er Rating wird in schön vielen Blutfontänen und Zerteilungsszenen ausgereizt, „The Boys” ist nichts für den schwachen Magen, wenn man mit Bluteffekten aus dem Computer oder Kunstblut Probleme hat. Insgesamt konnte mich „The Boys” mit seinen 8 Episoden sehr überzeugen. Die gelungene Parodie, gepaart mit zahlreichen Actionmomenten, guten gesellschaftlichen Beobachtungen und einem gelungenen Drama, ergeben ein buntes, blutiges, aber vor allem unterhaltsames Potpourri.

Staffel 2 beginnt etwas ruhiger, in den ersten beiden Folgen müssen sich unsere Helden zunächst mit dem neuen Status Quo auseinandersetzen, bevor mit Stormfront (Aya Cash) eine neue, faschistische und rassistische Gegenspielerin auf den Plan tritt, während auch Homelander immer seltsamer wird. Die 3. Folge ist ein frühes Highlight, doch gerade die letzten drei Episoden sind absolut spannungsgeladen und unterhaltsam. Die Zahl der Blutfontänen wurde etwas erhöht, die Bezüge zu aktuellen politischen Themen sind erneut vorhanden – sicherlich nicht subtil, sondern eher plakativ, aber dennoch passend. Einige Handlungsstränge sind am Ende doch superhelden-typisch vorhersehbar, aber dennoch ist das alles weiterhin ziemlich unterhaltsam. Wer Staffel 1 mochte, kann bedenkenlos weiterschauen.

Auch in Staffel 3 bleibt die Serie sich und ihrem Stil treu und übertrifft in Sachen Gewalt und Blut nochmal die vorherige Staffel. Die politischen Anspielungen werden komplett auf die Spitze getrieben. Sie sind nun kaum noch Anspielungen, sondern stattdessen klare Parodien und Satire der amerikanischen Politik. Wer sich mit Trump, GOP, Fox News und Co. auseinandergesetzt hat, wird viel wiedererkennen, auch das Zeitgeschehen, die Aktualität bekommt hervorragend ihr Fett weg (z.B. Imagine-Song). Subtil ist hier nichts mehr, stattdessen gibt es voll auf die Fresse. Das Tempo der 3. Staffel ist höher als zuvor, die 8 Folgen bieten ein gutes Pacing, Folge 6 ist das Highlight der Staffel. Die Handlung ist weiterhin vorhersehbar, zum Teil etwas dümmlich oder bereits zu häufig gesehen (Figurenkonstellationen), aber sie bleibt dennoch immer unterhaltsam und laut. Kritisieren kann man, dass sich am Status Quo nicht viel ändert. Das ist zwar korrekt, aber dennoch bleibt am Ende, dass man eine gute, unterhaltsame Zeit hatte und sich stets darauf freuen kann, was die Macher sich für einen amüsanten Quatsch einfallen lassen haben. Die letzte Folge war allerdings leider etwas enttäuschend.

Staffel 4 ähnelt qualitativ und inhaltlich der 3. Staffel. Weiterhin lehnt man sich komplett in aktuelle, jüngere Politikgeschichte und betrachtet die Gesellschaft satirisch. Wobei die Satire mittlerweile etwas auf der Strecke bleibt, weil das alles allzu realistisch ist. Demokraten gegen Republikaner, Fox News,Trump. All diese Themen werden verwurstet unter der Homelander-Gefolgschaft auf der anderen Seite und den Starlightern auf der anderen. Die Gewalt und auch eine gewisse Furz, Wichse und Scheiß-Ästhetik sind weiterhin in großen Massen vorhanden und bleiben eine Besonderheit, der unique selling point, der Serie. Manchmal gelingt die Comedy nicht mehr perfekt, oder man zitiert sich vor allem nur noch selbst. Die Actionsequenzen sind allerdings weiterhin unterhaltsam, einige Figurenkonstellationen aber etwas langweilig und man tritt erzählerisch in der Mitte erneut auf der Stelle. Letztlich ist das am Anfang aufgebaute Szenario interessant und wird in einem spannenden Finale gut dargestellt. Gerade die letzten 15 Minuten überzeugen durchaus, auch wenn es recht konstruiert wirkt. Der Abschluss der Staffel gefiel mir besser als das Ende von Staffel 3, wobei ich die Mid-Credits Szene nicht gebraucht hätte.

Insgesamt bekomme ich langsam das Gefühl, dass „The Boys” nicht mehr wahnsinnig viel zu erzählen hat, die 4. Staffel war bis aufs Finale die bisher schwächste Staffel. Dennoch bin ich gespannt, wie das blutige Epos in einer finalen Staffel endet, ein gelungenes Ende sollten die Macher sicherlich noch im (Blut-)Tank haben.

„The Boys” hat seine Makel, ist aber dennoch eine starke Actionserie mit guter Comedy, interessanten Charakteren und gelungener Gesellschaftssatire, die dank ihres hohen Tempos vor allem unterhaltsam ist. Natürlich ist das nicht die vielschichtigste, schlauste Serie aller Zeiten, aber das muss sie auch gar nicht leisten. Für Superheldenfans und Superhelden-Hasser kann die Serie gleichermaßen ein Fest sein.

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