„Ted Lasso” ist eine Dramedy-Fußballserie mit vielen Beziehungs- und Freundschafts-Geflechten, die sehr viele Themen anschneidet. Die Serie ist ein klassisches „Workplace-Drama”, doch der Arbeitsplatz ist alles andere als klassisch: Die englische Premier League des Fußballs ist Ted Lassos (Jason Sudeikis) neuer Job, er soll den AFC Richmond zum Erfolg führen. Der Fußball ist dabei häufig nur Kulisse für zahlreiche Charaktere mit ihren eigenen Leben und Problemen. Deswegen ist „Ted Lasso” eine Ensemble-Serie, in der Ted selbst sogar etwas in die zweite Reihe gerät.
Man kann „Ted Lasso” ankreiden, dass gerade in Staffel 1 noch sehr wenig Ahnung von Fußball durchscheint und die Spielszenen dadurch allesamt schwach aussehen (was glücklicherweise später besser wird), man kann ihr manchmal etwas zu viel Blödel-Humor vorwerfen (Dani Royas, der am Anfang wie ein Pokémon nur seinen eigenen Namen sagt), man kann ihr viel Kitsch und Klischees unterstellen. Aber ist das wirklich so relevant? Denn im Kern erzählt „Ted Lasso” eine tolle Underdog-Sportgeschichte mit Höhen und Tiefen, aber noch mehr die Geschichte einer Mannschaft, die mitsamt Trainerteam und Eigentümerin zusammenwächst – sich Freunde finden, Vertrauen herrscht, man sich aufeinander verlassen kann, sich beisteht und gemeinsam Hindernisse überwindet. Diese interessanten und emotionalen Verbindungen sorgen dafür, dass man sich als Zuschauer irgendwann wie ein Teil des Teams fühlt, man mitfiebert und sich einfach wohlfühlt. Dabei ist „Ted Lasso” kein reines Feelgood-Drama, viele Charaktere haben immer wieder große Pakete zu schleppen und sind emotional am Boden. Gerade für Ted sind einige Entwicklungen fies, um ihn herum verbessert sich viel, während er den Depressionen näher kommt. Auch diese Thematiken moderiert die Serie allerdings gekonnt. Nach kürzerer Eingewöhnungszeit bietet „Ted Lasso” somit starke Dramedy-Unterhaltung, die vor allem abseits des Platzes zu überzeugen weiß. Die genaue Einzelkritik der Staffeln fällt diesmal kürzer aus und streift nur die wichtigsten Punkte, weil man die Serie gut als Ganzes betrachten kann.
Staffel 1 hat genannte Fußball-authentische Probleme und wirkt noch recht amerikanisch mit Spielzügen und Co. Die Exposition der Figuren gelingt, die Chemie der Darsteller untereinander hilft beim Sehvergnügen. Ansonsten finde ich sie ziemlich rund mit der Entwicklung von Rebecca (Hannah Waddingham), Nate (Nick Mohammed) und dem Teamgefüge selbst.
Staffel 2 verliert sich zu Beginn sehr in seinem Therapeuten-Thematik und tritt etwas auf der Stelle, weil zunächst alte Probleme weiter beleuchtet und bearbeitet werden, statt Neues in Angriff zu nehmen. Somit stagniert die Handlung über einen größeren Zeitraum etwas. Die Fußball-Authentizitäts-Probleme sind weiterhin präsent und die Episoden außerhalb des Fußballs können diesmal nicht so sehr überzeugen wie zuvor. Deswegen ist Staffel 2 die schwächste Staffel.
Staffel 3 brilliert. Offenbar hatten zumindest einige Schauspieler/Kicker ein paar Fußballstunden, die Spielszenen sind immer noch gestellt, aber zumindest wissen die Jungs jetzt, wie man schießt und passt. Der Handlungsstrang rund um Zava (Maximilian Osinski) ist offenbar sehr von Zlatan Ibrahimovic inspiriert, nicht zwingend notwendig und letztlich der schwächere Teil einer Staffel, die gerade ab der Amsterdam-Folge (Episode 6) groß aufspielt. Diese wird nicht nur dafür genutzt, die Entwicklung vieler Charaktere im Umfeld voranzutreiben, sondern auch für etwas Fußballwissen. Ted kommt zum „Totalen Fußball“, der Ajax Schule der 70er Jahre, was den Startschuss für mehr und bessere Spielszenen in der zweiten Hälfte bedeutet – sehr zu meinem Vergnügen. Letztlich fügt sich in der zweiten Hälfte der Staffel alles gut zusammen (Ausnahme: Folge 8) und brilliert auf den letzten Metern, die beiden abschließenden Episoden sind phänomenal und emotional. Das bringt die Serie zu einem sehr runden, passenden, melancholischen und schönen Ende. Dachte man zumindest damals. Doch nun lauert eine 4. Staffel am Horizont, die scheinbar doch noch folgen soll. Mit der Champions League hätte man theoretisch Möglichkeiten für viele teure Dreharbeiten quer in Europa, aber eigentlich ist die Story auserzählt. Den gelungenen Abschluss hätte man auch so stehen lassen können.
Letztlich hatte ich anfangs meine Zweifel (durch mein Fußballinteresse), aber wenn man versteht, dass der Premier League Fußball nur der Hintergrund für ein feines Comedy Drama mit emotionalen Spitzen und breitem Wohlfühl-Ensemble ist, dann funktioniert „Ted Lasso“ sehr gut. Auch die zahlreichen Anspielungen auf Filme und Popkultur haben mich abgeholt. Insgesamt ist „Ted Lasso” sogar noch mehr etwas für wenig Interessierte an Fußball, aber auch Fußballkenner sollten sich nach etwas Eingewöhnungszeit mit der Serie anfreunden können.



