Tabula Rasa – Belgischer Psychothriller mit starkem Ende. Geheimtipp! Review Miniserie

„Tabula Rasa” ist eine spannende Psychothriller-Serie aus belgisch-deutscher Koproduktion mit zahlreichen Mysteryelementen, die man als echten Geheimtipp bezeichnen kann. Die Miniserie wird im Verlauf ihrer 9 Episoden immer stärker, sie bleibt anfangs rätselhaft, nimmt in der Mitte Tempo auf und brilliert am Ende. Inhaltlich verbinden sich klassische Thriller-Elemente mit Mysterythemen, ein wenig Horror und einer Portion Krimi. In den besten Momenten erinnert die Serie mich an „Memento” und „Einer flog übers Kuckucksnest”, zwei absolute Lieblingsfilme von mir, dessen Qualität sie allerdings nicht ganz erreicht.

Die Serie spielt auf zwei Zeitebenen, was allerdings erst später deutlich wird. In der Gegenwart steht Mie im Vordergrund (Veerle Baetens, Hauptdarstellerin und Schöpferin in Personalunion), eine Frau, die nach einem Autounfall unter Gedächtnisverlust leidet und in einer psychiatrischen Anstalt untergebracht ist. Doch ihre Amnesie ist nicht klassisch, sondern eher „Memento”-ähnlich. Sie kann sich an die Vergangenheit problemlos erinnern, doch neue Erinnerungen zu schaffen, fällt ihr schwer. Nach einem Tag – in Stresssituation sogar schneller – vergisst sie wieder, was passiert ist. Um sich damit zu arrangieren, führt Mie ein Tagebuch, in dem steht, dass ihr Haus abbrannte und sie danach in ein abgeschiedenes Domizil im Wald zog. Doch nach und nach bekommt sie das Gefühl, dass jemand ihre Notizen manipuliert. Als wäre ihre Situation noch nicht belastend genug, gerät Mie schon bald unter Mordverdacht, weil sie die letzte Person war, die zu einem vermissten Schrotthändler (Jeroen Perceval) Kontakt hatte. Nun wird mit Hilfe der Rückblenden das Puzzle nach und nach zusammengesetzt, während Mie sich an mehr erinnert und sich fragt, wem sie überhaupt noch trauen kann. Inhaltlich möchte ich nicht mehr verraten: Es wird allerdings spannend, interessant und bitter. 

„Tabula Rasa“ ist solide produziert, die fragmentierte Inszenierung passt gut zum Inhalt, auch die Spannungsmomente und die leichten Gruselelemente gelingen sehr gut. Als schreckhafte Person musste ich mich durch die leichten Horrormomente anfangs etwas durchkämpfen, aber sie sind sehr zweckdienlich und werden im Verlauf der Geschichte immer seltener, weil man des Rätsels Lösung näher kommt. Der Nebel, der sich über der Handlung ausbreitet, lichtet sich mehr und mehr und darunter verbirgt sich ein knallharter Psychothriller. Man sollte sich auf die Geschichte einlassen, auch wenn das Tempo zu Beginn etwas langsam ist, die Handlung noch sehr wirr wirkt und die Kreativität der Amnesie-Geschichte nicht sofort begeistern kann. Glücklicherweise ist Hauptdarstellerin Veerle Baetens von Anfang an sehr überzeugend, man merkt ihr an, dass ihr die Rolle wie auf den Leib geschrieben ist. Ihre verwirrte, passionierte und emotionale Darstellung wertet die Serie sehr auf. So ergibt sich schleichend eine Sogwirkung, die sich in der Mitte entfaltet und den Genrefan bis zum Ende nicht mehr loslässt. Die Enthüllungen und Twists funktionieren fast durchgängig und irgendwann ist man völlig involviert. Auch die Unvorhersehbarkeit der Serie hilft dabei die Spannung hochzuhalten. 

Der etwas chaotische Aufbau ist eine Einstiegshürde, zudem brilliert auch nicht jeder Darsteller, aber letztlich ist die Haupthandlung von „Tabula Rasa” stark. Wenn man sich darauf einlässt, wird man am Ende belohnt. Es gibt keine der typischen Hänger in der Mitte, stattdessen nimmt die Serie mit Episode 5 richtig Fahrt auf und bleibt hochspannend bis hin zum fulminanten Finale, das mich emotional mitnahm. Die Geschichte ist stark und (weitgehend) schlüssig konstruiert, am Ende war ich überrascht und erfreut von der hohen Qualität der Serie. „Tabula Rasa” ist eine gute Thrillerserie, der man anfangs etwas Zeit zur Entfaltung geben muss, die aber am letztlich überzeugen kann. Ein Geheimtipp!

83/100
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