„Peaky Blinders“ ist eine hervorragende britische Serie mit Cillian Murphy in der Hauptrolle und einem starken unterstützenden Darsteller-Ensemble. Die Handlung bietet eine recht klassische „Mafia“-Geschichte, auch wenn Mafia eigentlich der falsche Begriff ist, da die Handlung im englischen Birmingham nach dem Ersten Weltkrieg angesiedelt ist.
Nach dem Krieg kommen die Shelbys zurück und wollen ihre „Gang“, die Peaky Blinders, in den kriminellen Kreisen aufsteigen lassen. Beim Erreichen dieses Ziels werden der Gruppe immer wieder andere Gegenspieler in den Weg gestellt, zumeist von außerhalb, manchmal aber auch von innen, familieninterne Konflikte stehen auf der Tagesordnung. Die Staffeln sind dabei weitgehend in sich geschlossen und auch alleine verständlich, wobei man das größere Bild und die komplett fortlaufende Handlung nur in der richtigen Reihenfolge versteht und voll wertschätzen kann.
Thematisch werden die genretypischen Bereiche um Familie, Rivalen, religiöse Gruppierungen, Traditionen, Generations- und Geschlechterkonflikte, Kriegserfahrungen, Schwangerschaften, Heiraten, Drogengeschäften, Heistplanung und später auch Politik abgebildet. Die Produktion ist durchweg solide und die eingefangene Atmosphäre kann man nur loben. Authentische Kostüme, eine industrielle, dreckige Stadt Birmingham, immer wieder ein paar ungewöhnliche Kamera- und Regieideen um Szenen aufzulockern. Ein Markenzeichen der Serie, das sich mit der Zeit aber auch etwas abnutzt, ist die „coole” Inszenierung der Gang. Als Zuschauer sieht man sehr häufig Menschen, die in Zeitlupe zu Musik irgendwo entlang schreiten, durch die dreckigen Straßen und Gassen, inmitten von Menschen, auf dem Weg zum nächsten Kleinkrieg. Mit dem Hauptproduzenten Netflix ab Staffel 5 wurde die Produktion noch etwas extravaganter, teilweise kann man auch den Eindruck bekommen, dass es etwas in den Bereich „Style over substance“ abgleitet.
Nach den teilweise krassen und richtungsweisenden Geschehnissen am Ende einer Staffel (und manchmal auch bereits innerhalb der Staffel) hilft sich die Serie mit Zeitsprüngen (Staffel 5 ist spielt im Jahr 1929, Staffel 6 im Jahr 1933) um andere Themen in den Vordergrund zu stellen. Dies funktioniert vor allem als cleverer Trick, um Charaktere neu zu erfinden, die sich „off screen“ weiterentwickelt und verändert haben. Das gelingt bei manchen Figuren glaubwürdiger als bei anderen, hilft aber bei der Verhinderung einer gewissen Langeweile und Stagnation, die bei so vielen Staffeln in ähnlichem Setting vielleicht sonst aufkommen würde. Durch diesen Kunstgriff verhindert die Serie gekonnt den Stillstand in einer dargestellten Zeit, die sich schnell verändert.
Generell gilt, dass die erste Folge einer jeden Staffel erstmal das neue Setting nach einem Zeitsprung etabliert und die letzte Folge einer jeden Staffel fast durchweg den Höhepunkt bedeutet. Zudem liebt die Serie auch Twists und Ereignisse, die „off-screen“ passieren, wovon man nicht wissen kann. Das Pacing in der Mitte einer Staffel ist meist etwas schwächer und erzählerische Nebenstränge sind teilweise für die Geschichte relativ irrelevant – das ist vor allem in Staffel 1+2 der Fall. Ab meiner Lieblingsstaffel, der 3., wird das Pacing besser, die Nebenstränge dienen in vielen Fällen als Ablenkung oder werden später noch relevant. Staffel 4 wirkt in seiner ganzen Konstruktion etwas unrealistisch, ist aber in Sachen Spannung und Pacing ähnlich stark wie Staffel 3. Das hätte auch schon ein gelungener Serienabschluss sein können, aber danach übernahm Netflix, was zunächst auch einen kleineren Qualitätsverlust mit sich brachte.
Ab Staffel 5 wird der Fokus noch mehr auf die Coolness und die Politik als Hauptthema gelegt. Einige Themen wirken etwas ungelenk verarbeitet (fake news, Feminismus), was den Anseh-Fluss aber nur leicht behindert. Die letzte Folge ist leider im Vergleich die schwächste letzte Folge der ganzen Serie, da sie einen großen Fehler bei zu großen Andeutungen begeht und so die Staffel, die in der Mitte an Fahrt gewann, wieder etwas einbremst. Die 6. und letzte Staffel fokussiert sich fast komplett auf die Politik, die sich im Laufe der letzten Staffeln als der interessanteste Handlungsstrang herauskristallisierte. Tommy steht nun im Zentrum einer politischen Intrige und ist mit dem Begleichen alter Rechnungen beschäftigt. Der medizinisch-familiäre Teil bildet einen weiteren Hauptpunkt der Handlung einer Staffel, in der die Shelbys (vor allem Arthur) nur noch ein Schatten ihrer Selbst sind. Den Anfang fand ich nicht so spannend, ab Folge 4 wird es besser.
Letztlich ist die letzte Staffel nicht der krönende Abschluss einer umfassenden Serie geworden, sondern wieder nur ein Aufgalopp für einen geplanten letzten abschließenden Film. Das ist etwas schade und mir ein leichter Dorn im Auge. Dennoch ist „Peaky Blinders” ein gelungenes Epos, gespickt mit starken Darstellern, das zurecht immer wieder als sehr sehenswert bezeichnet wird.



