On Call – Authentische Arbeit von Streifenpolizisten in LA. Review Miniserie

„On Call” ist eine Crime-Drama-Serie, die möglichst authentisch die Schicht von Streifenpolizisten in Los Angeles darstellen möchte. In einer übergeordneten Handlung geht es um den Mord an einer Streifenpolizistin und die persönlichen Probleme der Hauptfiguren, die sie in ihren Beruf hineintragen. Doch der Fokus liegt auf den steten neuen Eindrücken, den neuen Gefahren und neuen Fällen, mit denen die Cops in schneller Abfolge konfrontiert werden – ohne dass sie viel Zeit haben, sich darauf vorzubereiten oder das Gesehene zu verarbeiten.

In nur 8 Episoden à 30 Minuten erzählt die Serie durchaus gekonnt in teilweise fiesen, blutigen Bildern vom Alltag der Streifenpolizisten. Egal ob Raubüberfälle, Drogen, Bandenkriminalität, ein eskalierender Ehestreit oder Kindesmisshandlung: Die Streifenpolizisten rücken aus. Im Fokus stehen die erfahrene Traci Harmon (Troian Bellisario) und ihr „Schüler” Alex Diaz (Brandon Larracuente), der frisch von der Akademie Harmon zugeteilt wird und sich innerhalb einer zweimonatigen Probezeit beweisen muss. In dieser Zeit muss Harmon ihn so ausbilden, dass er danach ein vollwertiger Officer ist, der auch allein auf Streife gehen kann. Traci würde gern aufsteigen (beispielsweise ins Drogendezernat), eckt allerdings häufig bei Kollegen an, bildet aber auch gerne aus. Alex ist etwas heißblütig und kann Gefahren nicht allzu gut einschätzen. Die übergeordnete und interessante Storyline bis Folge 4 fokussiert sich auf den Mord an einer Streifenpolizistin durch ein Gangmitglied, danach franzt die Haupthandlung etwas aus und verliert sich darin die Hauptfiguren irgendwie persönlich zu involvieren.

Faustpfand der Serie ist ihre hohe Authentizität, die vor allem durch eine clevere Nutzung der verschiedenen Kameraperspektiven aufkommt. Die Bodycams der Polizisten bieten fantastische Eindrücke aus der Egoperspektive, auch die Videogame-artige Kameraperspektive von oberhalb der Schrotflinte bietet Bilder, die man so aus klassischen Polizeiserien nicht zwingend kennt. Darüber hinaus scheut man sich nicht davor, das Elend zu zeigen und immer wieder möglichst krasse Situationen zu porträtieren.. Ein Polizist, der mit einer Drogenspritze attackiert wird, der psychisch Kranke, der damit droht sich anzuzünden, sogar ein Exorzismus (bisschen quatschig und fällt heraus) muss von den Cops verhindert werden. Wie realistisch diese exorbitanten Fälle in dieser Abfolge wirklich sind, steht auf einem anderen Blatt Papier, diese Vorgehensweise führt allerdings zu einem hohen Tempo, guten Pacing und vielseitigen Situationen.

Aufgrund ihrer Präsentation von vielen Themen der Kriminalität und der Begleitung von Polizisten auf Streife, erinnerte mich die amerikanische Serie auch an die schwedische Serie „Thin Blue Line”, die ich leicht besser fand. Allgemein ist „On Call” etwas actionreicher und oberflächlicher gestaltet, das Los Angeles Setting ist darüber hinaus altbekannt. Dennoch wirken die Fälle nicht artifiziell, wie in anderen Krimis, sondern aus dem Leben gegriffen, bodenständiger, wie es beispielsweise auch bei „Bosch” gelingt. Die Darsteller sind überwiegend gut, gerade Troian Bellisario, die Figurenentwicklung von Alex Diaz ist nicht komplett überzeugend und das Ende wirkt etwas halbgar und arg auf eine 2. Staffel ausgelegt, die wenig am Status Quo ändern möchte. Doch die Serie wurde leider nach der 1. Staffel gecancelt.

„On Call” ist letztlich eine gute, vielseitige und recht authentische Streifenpolizisten-Serie, die ein gutes Tempo an den Tag legt und in einem gelungenen Mix von Action und Drama unterhaltsam ist. Ich empfand sie weder als besonders polizeiverherrlichend noch als polizeikritisch. Die übergeordnete Geschichte hat in der zweiten Hälfte ein paar Probleme und manchmal fehlt etwas der Tiefgang, dennoch ist die Serie – vor allem auch wegen ihrer Kürze – eine gelungene Miniserie, die man mal ansehen kann.

78/100
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