Mr. McMahon – Mit dem Schurken durch die Wrestling-Geschichte. Review Doku-Miniserie

Ob „Mr.Mahon” eher unter das Label der „Crime Doku” oder „Sport Doku” fällt, kann ich letztlich nicht beantworten. Wrestling-Interessenten werden mit der fragwürdigen Figur, die die Szene seit den 80er und 90er Jahren prägt, allerdings etwas anfangen können. Im Kern bildet die Dokumentation die Lebensgeschichte von Vince McMahon und die damit eng verbundene Geschichte der WWE ab, die damals noch WWF hieß.

Die Serie erzählt die Geschichte des Wrestling-Entertainments. Natürlich ist alles vor der Kamera gescripted, alles nicht echt, aber im besten Fall unterhaltsam. Doch die Fehden, Zerwürfnisse und Intrigen hinter der Kamera sind vollkommen echt und real. Die Doku geht der Kunstfigur und der Person des Vince McMahon auf den Grund, indem sie Themen vor der Kamera und im Verborgenen beleuchtet. Faustpfand der Serie sind die überaus vielen und guten Interviewpartner. Hulk Hogan, John Cena, The Rock, Bret Hart, Shawn Michaels, Steve Austin, Triple H, Undertaker aber auch die Kinder Shane und Stephanie, sowie zahlreiche langjährige Weggefährten und Konkurrenten sitzen vor der Kamera – die Doku kann weitgehend aus dem Vollen schöpfen. Doch dann gibt es auch einen klaren Makel: Man merkt der Doku an, dass sie von der Gegenwart überrollt wurde. Denn die neuerlichen Anschuldigungen wegen sexuellen Fehlverhaltens gegen Vince McMahon 2022 und was er danach mit der WWE angestellt hat, werden als Nachklapp mit wenigen Primärquellen dargestellt. Die Interviews, die teilweise auch noch recht positiv über Vince sprachen (der ein oder andere glorifiziert ihn sogar), wurden zum Großteil vor 2022 aufgenommen. Insofern würde vieles in dieser Dokumentation besser passen, wenn sie vor 2022 veröffentlicht worden wäre, aber dann würde sie heutzutage auch komplett aus der Zeit gefallen wirken. So haben die Macher das Beste aus dieser Situation gemacht und versucht ein komplettes Bild darzustellen. 

Die Doku schafft es ganz hervorragend Vince McMahon immer wieder zu demaskieren und seinen unglaublich schlechten Charakter aufzuzeigen, seine Liebe zum Business, die über jeder anderen Liebe stand, seine Kompromisslosigkeit, sein Fehlverhalten als Boss (ob sexistisch, oder durch sexuellen oder anderweitigen Machtmissbrauch). Auch die ganz seltsame Dynamik von toxischer Vater-Sohn Beziehung, die er zu vielen der Wrestler hatte, wird gekonnt dargestellt. Gleichzeitig gibt es unendlich viele Fragezeichen und WTF-Momente, wenn man auf die schamlos sexistischen Themen in den 80er und 90er Jahren blickt, sowie wenn die teils absolut grotesken Storylines der Drehbuchschreiber porträtiert werden, es ist eine verrückte Zeitreise.

Für Leute, die irgendwann in ihrem Leben Wrestling geschaut haben, ist die Doku eine gelungene Nostalgiereise, wenn man die alten Haudegen und Kämpfer erneut sieht und nun auch Hintergründe zu diversen Aktionen geliefert bekommt. Für mich war es etwas schade, dass meine Wrestling Hochphase (So Mitte bis Ende der 2000er) weniger beleuchtet wird, aber es war umso spannender, mehr aus der Zeit geliefert zu bekommen, die man weniger kennt. Denn die Doku fokussiert sich deutlich auf die 70er, 80er und 90er Jahre, auch mit der Rivalität zwischen WWF und WCW. 

Letztlich ist „Mr.McMahon” eine interessante Doku, die überwiegend gut produziert ist und mit vielen namhaften Interviewpartnern punkten kann, die allerdings letztlich etwas von der Gegenwart etwas überrollt und das leider nur halb gut lösen konnte. Für Wrestling-Fans ist die 6-teilige Miniserie sehr sehenswert, darüber hinaus wird es schwierig andere Zielgruppen dafür zu begeistern.

78/100
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