Eine schwedische Serie aus dem Jahr 2020 mit dem IS als Hauptthema, als dieser noch bedeutend machtvoller als heutzutage war und ganze Städte besetzte.
Insofern wirkt die Serie bereits ein wenig aus der Zeit gefallen, dennoch sind die dargestellten Strukturen und die Indoktrination in eine terroristischen Vereinigung weiterhin zeitlos. Eventuell funktioniert die Serie als Zeitdokument, auch wenn die Geschichte fiktiv ist, wobei sie natürlich auf vielen wahren Begebenheiten beruht.
„Kalifat“ folgt hauptsächlich drei jungen Frauen. Einer Frau, die mit ihrem Mann mittlerweile in Raqqa, der IS-Hochburg lebt, Teil des IS ist, aber wieder nach Schweden zurückkehren möchte, einer Agentin bei der Terrorabwehr und einen Mädchen, dass sich noch in Schweden befindet, jedoch mehr und mehr für den IS begeistert, weil sie von einem Lehrerassistent angeworben wird.
Letztlich geht es um das Leben im IS, mögliche Fluchten, Terroranschläge, Radikalisierungen, Isolation, Rassismus, Perspektivlosigkeit, häusliche Gewalt und Propaganda. Die schweren Themen des Lebens, aber seichte Unterhaltung hat ohnehin hoffentlich niemand beim Namen und der Ausgangssituation erwartet. Diese Themen wirken relativ authentisch dargestellt (soweit man das beurteilen kann). Bei der konkreten Terrormaterie orientiert sich „Kalifat” an Genregrößen wie „Homeland” oder „Hatufim”. Im Laufe der Zeit wird man immer tiefer in diese Welt hineingezogen und beginnt zu glauben, dass ein Happy End nicht mehr zwingend möglich sein wird.
Mich stört etwas, dass die Handlung häufig nur durch Zufälle oder große Unfähigkeit von diversen Figuren abgetrieben wird und vor allem habe ich das Problem, dass ich die Handlungsweisen so einiger Charaktere nicht nachvollziehen kann. Natürlich sind das naive Kinder, die dort angeworben werden, aber mir wird anhand des Gezeigten gar nicht die „Faszination IS“ deutlich. Damit fehlt mir das Verständnis, warum sich gerade Frauen für ein unterwürfiges Leben entscheiden sollten. Allerdings soll natürlich die Serie kein Werbevideo für den IS sein, weswegen ich es verstehe, dass dieser Punkt nicht intensiviert wird. Dennoch ging mir die Indoktrinierung etwas zu schnell, sie wirkte in Zeiten des Webs und der schnellen Möglichkeit der Informationsbeschaffung etwas zu unglaubwürdig.
Das sind allerdings vor allem Probleme, die ich mit der ersten Hälfte hatte. Im hinteren Teil zog mich die Serie mehr in ihren Bann mit einigen starken Momenten und einer für das Thema nötigen Konsequenz und auch Komplexität. Gerade ab Folge 6 zieht das Tempo spürbar an und die einzelnen Situationen eskalieren zunehmend. Auch die jungen Darstellerinnen überzeugen auf ganzer Linie. Die Miniserie hätte mit ein paar Drehbuchänderungen auf einem sehr guten Niveau sein können, so reicht es für mich leider nicht ganz für eine hohe Bewertung.



