His Dark Materials – Young Adult Fantasy mit Parallelwelten. Review ganze Serie

Nach dem mäßigen Film von 2007 wählte man die Erzählform der Serie für die Adaption der Buchtrilogie. Was einen erwartet, ist allerlei Fantasy gemischt mit einem Haufen von Spiritualität (z.B. Hexen & Engel) in einer Welt, die an Steampunk erinnert. Da im Zentrum jugendliche Hauptfiguren stehen und auch das Drama der Serie nicht fremd ist, gelingt ein riesiger Melting Pot der Genres, der allerdings klar im Fantasy Bereich beheimatet ist. Darstellerisch ist „His Dark Materials” überwiegend gut, gerade Dafne Keen weiß in der Hauptrolle zu überzeugen, auch Ruth Wilson als mögliche Gegenspielerin sowie James McAvoy und Andrew Scott (beide mit etwas weniger Screentime) wissen zu überzeugen. 

Die 13-jährige Lyra lebt mit ihrem „Daemon” (einem tierartigen Begleiter, der ihre Seele verkörpert) in einem steampunk-viktorianisch angehauchten Oxford mit Zeppelinen und dem „Magistrat“, der kirchlichen repressiven Herrschaft dieser Welt, die grundsätzlich Bildung und vor allem Erkenntnisse über den „Dust“, den titelgebenden Staub, unter Strafe stellt. Ihr Onkel (McAvoy) begibt sich sofort in die gewaltsame Opposition, Lyra muss erstmal ihren eigenen Weg finden und bekommt dabei Hilfe von einem einzigartigen Gegenstand, der ihr den Weg weist. Auch wird bereits in der ersten Staffel deutlich, dass es Parallelwelten zur dargestellten Fantasywelt gibt. Will (Amir Wilson) aus einer uns bekannten Welt sucht seinen Vater.

Staffel 1 ist von Exposition geprägt. Allerdings nicht der langsamen, sondern der „man wird ins kalte Wasser geworfen“-Exposition. Zunächst lernen wir die Charaktere und die Welt schlagartig besser kennen und werden Folge pro Folge in neue Umgebungen reingeworfen (weil Lyra sich ständig inhaftieren lässt). Da fehlt mitunter lange der rote Faden, wenn man sich mit dem Ausgangsmaterial nicht auskennt, denn die anfänglichen Episoden wirken recht fragmentiert und episodisch. Wenn Iurek, der superkrasse Eisbär, auf dem Bildschirm zu sehen ist, dann bin ich glücklich. Generell sind gerade das Tierdesign und die teilweise sehr vielen CGI-Effekten überwiegend stark und hübsch dargestellt. Die Fantasywelt mit ihren Bewohnern ist interessant und man ist gespannt, wie sich die Handlung weiterentwickelt. Die 6. Episode ist das Highlight der Serie. Am Ende der achtteiligen ersten Staffel kommt es zum großen Knall und geht dann vollends in eine Fantasy Richtung, in der man auch einige Veränderung einfach akzeptieren muss und nicht groß eine Logik hinterfragen sollte.

Staffel 2 bringt die Protagonisten endlich zusammen und lässt sie erstmal allein mit ihren Problemen. Gleichermaßen werden allerhand neue Rassen, Völker und Figuren eingeführt, häufig über wenig schöne Voice-Overs am Anfang der Folge. Generell bemerkt man spätestens in Staffel 2, dass die Serie Teil des Young-Adult-Genres, sie sich gezielt an Jugendliche richtet und vor allem auf deren Themen fokussiert ist. Daraus folgt, dass vieles ein bisschen naiv, leicht kitschig und klischeebehaftet ist und zu einfach geht. Außerdem bekommen auch einige Nebencharaktere viel Screentime, wobei man sich bei einigen mehr und bei anderen weniger fragt, ob es diese Zeit wirklich gebraucht hätte. Das wird gerade gen Ende der 2. Staffel auch nochmal fragwürdig, weil die Serie überraschend konsequent und hart mit einigen Charakteren vorgeht. Diese Härte und die Gesamthandlung der Serie weiß allerdings weiterhin zu überzeugen, ich war am Abschluss der Trilogie interessiert. 

Staffel 3 geht laut und deutlich los: Die Zeichen stehen auf Krieg. James McAvoy ist jetzt mal wieder ein bisschen mehr zu sehen und reißt als Lord Asriel die Handlung an sich. Leider ist alles um Asriel und seine Frau reichlich undurchdacht. Im Wesentlichen wirkt es manchmal so, als ob der Autor wusste, wo er ankommen wollte, aber nicht wirklich was dazwischen passieren sollte. Das ist somit leider manchmal recht unlogisch oder zumindest dämlich gehandelt von den Charakteren, aber man wollte eben zu einem Ergebnis kommen. 

Doch ist das Ergebnis auch gut? Die vorletzte Folge 7 und auch die Episoden 5 und 6 wissen zu überzeugen. Lyra und Will erreichen lange gehegte Ziele, der Krieg tobt, die Ideen und Pläne werden deutlich. Natürlich ist dieser Kriegsausgang und der Feind etwas absurd und überzeichnet, aber das fällt nicht weiter negativ auf. Ich fühlte mich zeitweise etwas an die Spielereihe Xenoblade erinnert (mit Schöpfern, Religionsmetaphern und Co.), „His Dark Materials ist” aber leider nicht so durchdacht, mit doppeltem Boden und großartig inszeniert wie die erwähnte Spielereihe (die ich sehr empfehlen möchte). Dennoch funktioniert dieser Verlauf der Reise und die 3. Staffel ist weitgehend unterhaltsam. Doch dann kommt das tatsächliche Ende, die letzte Folge…

Wenn ich es nett formuliere, bin ich einfach nicht die richtige Zielgruppe für so ein Ende. Wenn ich es böse formuliere, dann sah ich eine verschnulzte, leicht merkwürdige Kurzform der Twilight Reihe mit leichtem Schundroman-Charakter und Dialogen aus der Bravo Foto-Lovestory.  Es ist persé nichts Schlechtes, wenn sich ein Großteil des Endes auf Kitsch & Liebe stützt, aber es geht um die Umsetzung. Während es bei beispielsweise beim Xenoblade-Vergleichswerk aber metaphorischer, abstrakter, größer, allumfassender, top musikalisch untermalt, deutlich differenzierter und breitgefächerter ist, wirkt das Ende der Serie gar einfältig: Es ist einfach nur die spontane erste Liebe (der Bienentalk hat mir noch gefehlt), irgendwelche komischen spontanen neuen Parallelwelten-Regeln (die diesmal einfach so akzeptiert werden) und dann der erste Liebeskummer. 

Das wars. Hier fehlte definitiv der Tiefgang, das ist alles viel zu einfach und damit auch zu wenig. Das Ende weiß damit auf ganzer Linie zu enttäuschen und zieht die Bewertung nach unten.

78/100
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