„Over the Garden Wall” ist eine der skurrilsten und seltsamsten (Animations-) Miniserien, die ich je gesehen habe. Die absurde Mischung aus Comedy, Grusel, Abenteuer, Gesangseinlagen und Familiendrama in einem düsteren Märchen Setting ist ein Erlebnis. Doch lohnt es sich? Ist die Serie ein Geheimtipp, den man gesehen haben muss?
In 10 Folgen, die jeweils nur etwa 10 Minuten lang sind, werden lustige und wirre Kurzgeschichten erzählt, die zahlreiche Parodien auf Märchen oder alte Disneyfilme darstellen und diese mit einem skurrilen, modernen Humor mischen, was zu ganz seltsamen Momenten führt. Im Zentrum stehen die Halbbrüder Wirt (sieht aus wie ein Zwerg) und Greg (hat eine Teekanne umgekehrt auf dem Kopf), die sich nachts im Wald einer Fantasywelt verirren. Sie wollen den Weg nach Hause finden und fragen nach Hilfe bei der Navigation. Dabei stolpern sie von einer absurden Begegnung in die Nächste, unterschiedliche (sprechende) Tierkameraden schließen sich ihnen an, immer wieder geraten sie in bedrohliche Situationen rund um Geister, Skelett-Kürbisse und die Bestie des Waldes. Doch was steckt dahinter und finden die beiden einen Ausweg aus dem finsteren Wald?
Die einzelnen Folgen wirken recht fragmentiert und wie Kurzgeschichten, das Erzähltempo der jeweiligen Episode ist allerdings sehr hoch. Was innerhalb der nur 10 Minuten alles passiert, würde bei anderen Serien auf einen deutlich längeren Zeitraum gestreckt. Doch es gibt auch eine übergeordnete Handlung, die in Episode 9 die Serie auf eine höhere Stufe hebt und ihr einen gewissen tieferen Sinn gibt. Ohnehin ist die Miniserie, deren Ton anfänglich sehr sarkastisch ist und die nie um einen Slapstick-Gag verlegen ist, am Ende überraschend ernst. Doch der Weg dahin ist mit zahlreichen Comedymomenten und Gesangseinlagen gepflastert, die teilweise extrem weit draußen, manchmal nur wirr und seltsam wirken – Das Pferd ist ein Beispiel, das Froschkonzert ein anderes. Ein Freund dieser Gesangseinlagen bin ich leider nicht, wenn sie nicht konsequent verulkt werden oder einen emotionalen Wert haben. Visuell ist die Miniserie überzeugend, das Tempo ist überwiegend gut, in der Mitte tritt man mit seiner Haupthandlung etwas auf der Stelle, das Ende ist stark.
Zusammenfassend lohnt sich „Hinter der Gartenmauer” als eine ganz verquere Genre-Mischung, die man so noch nicht gesehen hat. Es erinnerte mich teilweise an den hochgradig absurden Animationsfilm „Das große Rennen von Belleville”. Die Gartenmauer erhielt damals einen Emmy und gilt heutzutage in den USA als Herbst-Kultserie. Ob man die Serie mag, dürfte sehr subjektiv sein. Mich hat sie nicht ganz abgeholt, ich respektiere sie mehr für ihr unbestreitbares Gesamtkunstwerk, sie wird aber keine meiner Favoriten werden. Für Personen, denen meine Beschreibung der Miniserie bislang zusagte, verbirgt sich hinter der Gartenmauer aber vielleicht tatsächlich ein Geheimtipp.



