„Frieren” ist gleich aus drei Gründen ein ungewöhnlicher Fantasy-Anime: 1. Weil die Hauptgeschichte rund 80 Jahre nach der großen Heldentat, dem Besiegen des Dämonenkönigs und der Rettung der Welt, spielt, 2. weil sich die Handlung mit ihren Quests arg nach einem Videospiel anfühlt und 3. weil seltsamerweise alles deutsche Namen hat, alles ist vollgepflastert mit Personen namens Himmel, Eisen sowie Stark und Städten namens Äußerst, Tür oder Strahl. Doch im Kern behandelt „Frieren” eine recht klassische Fantasy-Heldenreise, in der Magier von unterschiedlicher Herkunft (Elfen, Menschen) gegen Dämonen kämpfen.
Rund 50 Jahre nach dem großen Sieg über den Dämonenkönig trifft sich die vierköpfige Heldentruppe, die damals den großen Sieg erringen konnte, zur Jubiläumsfeier ihres großen Sieges. Frieren ist eine Elfe und überrascht, wie sehr ihre drei (menschlichen) Gefährten gealtert sind, kurz darauf stirbt auch der Anführer Himmel. Die bereits über 1000 Jahre alte und sozial etwas unbeholfene Elfin mit einem sehr anderen Zeitverständnis beschließt daraufhin, die Menschen besser kennenzulernen. Dies führt sie etwa 20 nach der Beerdigung Himmels (die Zeit seit der Beerdigung ist nun die Zeitrechnung für die Serie) zu ihrem Kollegen Heiter, der ein magisch begabter Waisenkind in Magie unterrichtet, fortan wird Frieren die Meisterin für ihre Schülerin Fern. Gemeinsam beschreiten die beiden neue Abenteuer, schnell gesellt sich der Kämpfer Stark zu ihrer Gruppe, später kommt auch kurzfristig ein Kleriker namens Sein hinzu. Frieren erinnert sich währenddessen in zahlreichen Rückblenden an die Zeit vor fast 80 Jahren zurück, als sie mit ihrer ersten Heldentruppe die Lande bereiste und versteht einige damalige Verhaltensweisen erst im Nachhinein.
Fortan erzählt die Geschichte von relativ kleinen Quests, mal muss dort einem Dorf geholfen werden, mal einer Familie, dabei wird die unglaubliche Macht von Frieren deutlich, wenn sie auch als sehr stark geltende Dämonen spielend leicht besiegen kann. Denn Dämonen suchen weiterhin die Welt heim, trotz des Todes des Dämonenkönigs. Ansonsten plätschert die Geschichte anteilig ohne große Höhepunkte dahin, weil die Kämpfe nicht animetypisch gestreckt werden, sondern teilweise fast Randnotizen sind. Somit steht mehr die Figurenentwicklung im Zentrum, manchmal hat man sogar das Gefühl man hätte sich in einen „Slice of Life”-Anime verirrt, weil es nur um relative Banalitäten, wie das Kaufen eines Armreifs geht. Das große Ziel fehlt. Häufig denkt man sich: Das ist ja ganz nett, aber irgendwie unterläuft es in seiner Ruhe und langsamen Erzählweise die Erwartungen an einen Fantasy-Anime, in dem Magier gegen Dämonen kämpfen. Es ist mehr ein Feel Good Anime, bei dem man Figuren begleitet, die man möglicherweise schnell liebgewonnen hat und mit ihnen Zeit verbringen möchte.
Mir persönlich war diese seltsame Erzählweise etwas zu langsam. Dennoch gibt es großartige Folgen, wie Episode 9 und 10, bei denen es zu Konfrontationen mit stärkeren Dämonen kommt. Ab Folge 18 von 28 in der ersten Staffel, verändert sich die Handlung deutlich. Die Truppe tritt nun bei einem Magierturnier an um den Rang als Magier 1. Klasse zu erhalten. Ab diesem Zeitpunkt werden eine ganze Reihe von neuen Charakteren eingeführt und etabliert, der Anime wird deutlich größer. Das nimmt ihm etwas die Wohlfühlthematik, das Kleine, das Ruhige und Familiäre der vorherigen Gruppe, führt aber zu deutlich mehr Kämpfen und Actionsequenzen. Damit verliert die Serie etwas ihr Alleinstellungsmerkmal, aber dennoch ist die Magierprüfung letztlich interessant, spannend und actionreich, wobei die 3. Prüfung erneut herrlich antiklimaktisch ist. „Frieren” weiß eben, wie man Erwartungen bricht und wandelt deshalb manchmal auch auf den Spuren einer Parodie.
Die Serie ist gut produziert, hat einige Comedyelemente, die mal besser und mal schlechter funktionieren und sieht gut aus. Mich hat sie aufgrund ihrer langsamen Erzählweise ohne große Höhepunkte nicht ganz erreicht, die dargestellte Fantasywelt finde ich allerdings spannend. Die Serie, die auf einem noch laufenden Manga basiert, bekommt mindestens noch eine 2. Staffel, ich hoffe es wird keine Endlosserie.
„Frieren” ist eine ungewöhnliche Fantasy-Animeserie, bei der man zu Beginn schnell bemerken wird, ob sie etwas für einen ist. Für Fans von viel Action und Kämpfen dürfte sie weniger funktionieren, aber auch sie können einen Blick in diese seltsame, entschleunigte Serie werfen, die bewusst mit Genrekonventionen bricht.



