Mit „Fallout” wagte sich Amazon an eine der großen Videospielverfilmungen mit apokalyptischer Prämisse. Obwohl „Fallout” keine „Last of Us”-Höhen (zumindest Staffel 1) erreicht, kann die Serie in ihrem wilden Genremix aus Action-Adventure, Apokalypse und Comedy durchaus überzeugen, gerade aufgrund des Worldbuildings.
Denn in den 1960er sind unzählige Atombomben auf die USA (und vermutlich die ganze Welt) gefallen und haben Infrastruktur und Menschenleben weitgehend ausgelöscht, alles in eine atomare Wüste verwandelt. „Glücklicherweise” hatte Vault Tech vorgesorgt und riesige Bunker, die Vaults, gebaut, in die die Reichen fliehen konnten. Nun sind 200 Jahre vergangen und die Bewohner der Vaults führen vernünftige, ruhige Leben, immer mit dem zeitlich unklaren Ziel, in der Zukunft die Oberfläche neu zu bevölkern. Eines Tages soll es zu einer Hochzeit kommen, doch die Lage eskaliert und fördert nach den starken ersten beiden Episoden eine ganze neue Welt zu Tage. Bei der Erkundung folgen wir einigen Hauptfiguren. Vor allem der ehemalige Vaultbewohnerin Lucy (Ella Purnell), die nun die – doch nicht so leere – Oberfläche entdeckt, aber auch Knappe Maximus (Aaron Moten), der einer Bruderschaft angehört, die riesige Mech-Waffen von vor der Apokalypse besitzt und damit die Welt vermeintlich sicherer macht.
Darüber hinaus gibt es einen Ghoul: Bitte was? Ja, ein ehemaliger Filmstar der 60er, der durch seine Frau im Dunstkreis Vault Techs verkehrte und einige Infos über die damalige Ursache der Apokalypse mitbekam, vor allem aber ordentlich Strahlung abbekam, was man an seinem Äußeren gut erkennen hat. Er hat seine ganz eigene Agenda in dieser apokalyptischen Welt und ist ein 1A Westernheld Charakter, wie „Der Mann in Schwarz“ in „Westworld„. Angereichert werden die Handlungsstränge der Hauptcharaktere von einer Ministoryline, die sich aufklärend in den Vaults abspielt.
Die Welt von Fallout ist der Star. Die vielen verschiedenen Fraktionen, wie es zu den Vaults kam, was in den Vaults Seltsames, Mysteriöses passiert und wie wessen Agenda aussieht, stehen im Mittelpunkt, der somit auch Mystery-Elemente beinhaltet. Die Handlung ist lange Zeit eine Art MacGuffin. Alle jagen einem Wissenschaftler hinterher, der sich wohl etwas extrem Wichtiges in den Kopf spritzte, worauf nun alle Fraktionen geiern, weil es bei der Erfüllung der eigenen Ziele enorm helfen würde. Das ist weder besonders originell noch ausgefeilt, aber es reicht vollkommen aus, um die Handlung voranzutreiben, die Figuren die Welt entdecken zu lassen (Roadtrip) und zu einigen Showdowns zusammenzubringen. Eingeträufelt wird bei Fallout eine gehörige Portion Absurdität und Comedy (die mal zündet, mal eher nicht). Der Look der Serie ist überwiegend überzeugend, die Special Effects können sich zumeist gut sehen lassen, die Flashbacks sind stimmig eingesetzt. Die letzte Episode der ersten Staffel beantwortet einige aufgeworfene Fragen sehr gut, während sie genügend weitere Fragen stellt, um es spannend zu halten. Die Darsteller sind nicht überragend, aber in Ordnung, ich habe mich vor allem gefreut, Kyle MacLachlan und Michael Cristofer in Nebenrollen zu sehen.
Letztlich ist die erste Staffel der Videospielverfilmung gelungen. Mit unbekümmertem Vibe, Comedy-Elementen in großer Apokalypse, ist die Serie bisher einfach gut umsetzt. Sie ist zwar nirgends überragend (wobei vielleicht beim sehr stimmigen Soundtrack), aber überall gut und letztlich unterhaltsam. „Fallout” ist die leichtfüßige Variante im Vergleich zu „Silo” und spielt mehr außerhalb. Ich bin gespannt, ob die folgenden Staffeln das Niveau halten können.



