Eine Frage der Chemie – Gleichberechtigung in den 60er Jahren + Kochen, Chemie und Liebe. Review Miniserie

 „Eine Frage der Chemie” ist ein idealistisches Gemisch – um in den Chemie-Jargon einzutauchen – zwischen Lovestory und Selbstverwirklichungs-Geschichte einer ambitionierten und brillianten jungen Frau in den 1960er Jahren, die Chemikerin werden möchte und für Gleichberechtigung gegen das damalige Gesellschaftsbild kämpft. Die Adaption des bekannten Buches ist ein klassisches Epochen-Drama, angesiedelt in den unmodernen 60er Jahren in den USA.

Elizabeth Zott (Brie Larson) hat zwar ihren Master in Chemie abgeschlossen, wird aber dennoch als Forscherin an ihrer Universität Hastings nicht ernst genommen, da sie keinen Doktortitel trägt. Somit arbeitet sie als Laborassistentin, die eher Kaffee kochen muss. Doch sie forscht nachts im Halbverborgenen und ist einer großen Sache auf der Spur: Der DNA als Grundsatz des Lebens. Passenderweise verliebt sie sich in einen ihrer schlauen und angesehenen Kollegen Calvin (Lewis Pullman), was sie als Karrierefrau eigentlich gar nicht möchte, aber sie „bonden“ über die chemische Forschung. Sie arbeitet gleichberechtigt mit ihm zusammen, doch die beiden kämpfen fortan gemeinsam gegen die Windmühlen, dass Frauen nicht gleichberechtigt sind und ihre Forschungen deswegen grundsätzlich für falsch gehalten werden. Ein Schicksalsschlag befördert Elizabeth schließlich ins Fernsehen als TV-Köchin, wo sie Feminismus und Esskultur verbreitet, aber damit natürlich bei den jeweiligen Produzenten erneut auf Ablehnung stößt. Der hintere Teil der Miniserie fügt dann das Gesamtbild dieses Biopics, das nicht auf einer realen Person basiert, mit einigen Flashbacks vernünftig zusammen.

„Eine Frage der Chemie“ ein grundsolide Miniserie. Gut produziert, gute Darsteller, gute Aussage, eine idealistische Hauptfigur, die für die richtigen und wichtigen Themen eintritt, entgegen aller Widerstände. Gut konzipiert – wenn auch sehr konstruiert wirkend – mit ordentlich Drama angereichert, das sich vor allem in den Themen Liebe, Familie, Antirassismus und Feminismus widerspiegelt. Das funktioniert sicher für einige sehr gut und das ist auch vollkommen in Ordnung.

Mir war es zu formelhaft (uff, Chemie-Spruch Nr.2). Ich war immerhin froh, dass die Lovestory nur kurz und intensiv ist, aber Elizabeths steter Kampf gegen die Windmühle Arbeit und Gesellschaft, ihre Probleme als junge Mutter, ihre Problematik rund um den Doktortitel, ihre Unfähigkeit für das normale Leben, weil sie ein chemischer Fachidiot ist, der nicht viel von der Umgebung wahrnimmt und extrem Ich-bezogen ist: Das war mir zu sehr Malen nach Zahlen um wirklich involviert zu sein. Dafür ist Elizabeth zu wenig sym- und empathisch – gerade Harriet (Aja Naomi King) gegenüber – und die immer wieder fragenden Blicke oder Empörung ihrer Mitmenschen, wenn sie damalige Tabus in unzähliger Anhäufung bricht (Tampons, Hosen tragen, kein Ehemann, etc.), reichten mir letztlich auch nicht aus. Ich bin auch kein Fan der Kinder-Darstellung, einmal mit dem komischen Kunstgriff des gemobbten Mädchens, wo wir erleichtert am Ende was feststellen sollen? Hinzu kommt das allzu klassische „viel zu schlaues Kind für das Alter“- Stereotyp. Außerdem bin ich noch gar nicht beim Highlight der Seltsamkeit der Serie angekommen: Die Busgeschichte mit dem Voice-Over eines Hundes? Was zur Hölle sollte das?

Letztlich fand ich die Miniserie mit 8 Folgen Laufzeit nach gutem Beginn in der Mitte etwas stagnierend. Als die vorletzte Folge zur Rückblickfolge wurde, dachte ich mir zunächst: Och nö. Aber letztlich ergibt der Blick zurück Sinn und kulminiert in einer zufriedenstellenden, wohligen letzten Folge. Zusammenfassend war es mir zu klassisch, zu traditionell, zu typisch. Aber im Kern ist „Eine Frage der Chemie“ natürlich ein schöne, wenn auch teils sehr tragische, Geschichte mit dem Herz am rechten Fleck, die viele Leute auch gut abholen wird. Ich warte lieber noch auf den Bus und hoffe, dass der Hund davon nicht erzählt.

76/100
Total Score
Nach oben scrollen