Das Magnum Opus der Kostümdramen mit Romanzen, viel Tragik, Drama und gelungener Einbettung in die realen Probleme von 1912-1925 ist die langlebige Serie Downton Abbey.
Im Kern handelt es sich bei dieser Historienserie um ein Familiendrama. Wir folgen der britischen Adelsfamilie Crawley, zu einer Zeit, in der der Adel in Großbritannien immer mehr an Bedeutung und Wohlstand verliert und von der Weltgeschichte (vor allem dem 1. Weltkrieg) weiter in die Bedeutungslosigkeit gedrängt wird. Dennoch haben die Crawleys aus alten Zeiten eine ganze Heerschar an Bediensteten mit ihren eigenen Geschichten, Träumen und Zielen im Leben angestellt. Doch daraus entwickelt sich kein klassischer Klassenkampf mit Mord und Totschlag (wobei sozialkritische Töne die Serie stets durchziehen), sondern ein waschechtes Historiendrama. Dabei gibt es zahlreiche Intrigen, unterschiedliche Meinungen, alteingefahrene Ideen und Denkweisen müssen aufgebrochen werden und immer wieder sucht und findet die Liebe ihren Weg.
„Downton Abbey” ist komplett dialoglastig, ständig sprechen Menschen miteinander. Vor allem der Adel unter sich und das Personal unter sich, mit fortlaufender Dauer verändern sich allerdings auch diese Zustände. Faustpfand der Serie ist ein starkes Darsteller-Ensemble mit zahlreichen liebenswerten Charakteren und erinnerungswürdigen, pointierten Figuren (Maggie Smith MVP). Doch auch vor Konsequenzen und harten Szenen schreckt Downton Abbey nicht zurück. Es ist nicht Game of Thrones Niveau, aber auch hier gibt es zahlreiche dramatische Tode, der Erste Weltkrieg, die Spanische Grippe und so manche zu enge Kurve stehen dem Glück fortwährend im Weg.
Der Historiendrama-König wandelt teilweise stark am Grat zum Melodrama, doch durch clevere Anknüpfungspunkte in die damalige Realität mit Besuchen wichtiger historischer Figuren und Themen wie dem Frauenwahlrecht und dem irischen Unabhängigkeitskrieg, gelingt eine gelungene Zeitstudie. Auch politische Veränderungen und Missstände bespricht und verhandelt die Serie fortwährend und zeichnet die jeweiligen Perspektiven der Figuren nach. Teilweise können sich Personen sogar durch Argumente gegenseitig überzeugen, eine Wohltat, die man nicht allzu häufig in Filmen und Serien sieht. Die einzelnen Staffeln greifen häufig ein großes Hauptthema auf, das anfangs aufgeworfen wird und am Ende der Staffel dann zu den Akten gelegt werden kann. Highlights sind dabei auch stets die Weihnachtsfolgen, die ab der 2. Staffel jeweils das Staffelende, häufig in Spielfilmlänge, zieren.
Zusammenfassend ist „Downton Abbey” trotz einiger schmerzhafter Tode und der Intrigen eine recht wohlige Serie, anteilig vielleicht sogar eine Wohlfühl-Serie. Die ganze Stimmung ist relativ harmlos und ruhig, wobei immer wieder Spannungsspitzen die Zuschauer bei der Stange halten. Aber hier fiebert man nicht auf ein großes Ende, eine große Auflösung hin, viel mehr kann man sich an der Entwicklung der zahlreichen Figuren über mehr als eine Dekade erfreuen. Viele Figuren haben ihre eigenen Story-Stränge, die nach und nach verfolgt werden, sicherlich findet jeder unter den Charakteren eine oder mehrere Favoriten. Zusammen ergeben die zahlreichen kleinen Geschichten ein großes Werk über den Adel, seine Bediensteten, den notwendigen Wandel und die Liebe. Manchmal recht soapig, gelingt für Historienfans ein gelungenes Abbild der damaligen Zeit mit guten Dialogen und Figuren.
„Downton Abbey” sicherlich der unangefochtene Spitzenreiter seines Genres und auch sehr für die 50+Bevölkerung geeignet. Zwei Filme folgten bislang noch, aber die braucht es nicht für die Bewertung der Serie, die eigentlich in sich abgeschlossen war.



