„Die Brücke“ ist meine absolute Lieblings-Krimiserie (zumindest Staffeln 1&2) und war gleichzeitig mein Erstkontakt mit den Nordic Noir Krimiserien, die ich lieben lernte. Nicht ohne Grund gab es von der schwedisch-dänischen Krimiserie „Bron/Broen„, wie die Serie im Original heißt, (lose) Remakes, bei denen aufgrund eines grenznahen Mordfalls jeweils Polizisten zweier Länder zusammenarbeiten mussten. Bei „Der Pass” die Deutschen mit den Österreichern, bei „The Bridge – America” die US-Amerikaner mit den Mexikanern, bei „The Tunnel” die Briten und die Franzosen.
Die Prämisse ist so simpel wie genial: Auf der Öresundbrücke zwischen Dänemark und Schweden, genauer Kopenhagen und Malmö, werden mitten auf der Landesgrenze zwei Leichenhälften gefunden. Schnell stellt sich heraus, es handelt sich sogar um zwei verschiedene Leichen, eine dänische Prostituierte und eine schwedische Stadträtin. Deswegen müssen in dieser großartigen dänisch-schwedische Krimiserie zwei Kommissare, Saga (Sofia Helin) aus Schweden und ein Kommissar aus Dänemark (anfangs Kim Bodnia als Martin, später Henrik Lundström als Rasmus, zusammen große Fälle lösen. Die beiden sind selbst schwierige Charaktere, Martin kommt mit seiner Familie nicht so recht klar, Saga trägt Narben aus der Vergangenheit und wirkt etwas soziophob. Dennoch sind beide messerscharfe Ermittler in stets düsterer Atmosphäre. Schnee, Kälte, lange Mäntel und Dunkelheit bestimmen das klassische Nordic Noir Setting, dazu kommen meist clevere, komplexe, verstrickte Kriminalfälle, wo man teilweise miträtseln kann. In Sachen Härte und Konsequenz überzeugt „Die Brücke” allerdings ebenso und trotz des eher unterkühlten Stils bleibt die Emotionalität auch nicht auf der Strecke. Ich kann mich noch gut erinnern, wie unfassbar fies und hart ich das Ende der 1. Staffel fand.
Jede Staffel erzählt einen Hauptgeschichte für sich, aber Staffel 1 und 2 hängen noch stark zusammen. Auch Staffel 3 und 4 bilden durchaus wieder eine starke Einheit. Der typische skandinavische Krimistil in Bild und Handlung, gepaart mit interessanten, seltsamen Charakteren, kluger, komplexer Handlung erreicht eine starke Symbiose mit den guten Wendungen und zum Teil wirklich krass-fiesen Situationen, die meist als Cliffhanger direkt in die Magengrube schlagen. Besonders schön ist, dass man bei „Die Brücke” nicht das Gefühl von rausgeschmissenen Sendeminuten hat, da fast alles nochmal später nochmal relevant wird, für die Hauptgeschichte wichtig ist. Auf der Kehrseite könnte dies einigen Zusehern als zu langsames Pacing vorkommen, ich empfinde diesen großen Blick mit vielen Nebenfiguren (und Tatverdächtigen), teils verschachtelt in Politik und gesellschaftlichen Machtpositionen, aber sehr passend.
Der Ankerpunkt der Serie ist stets die eigenbrötlichere, jedoch liebenswerte Saga, die mit einem interessanten weiteren Kommissar mit ganz eigenen Problemen in allen Staffeln auf diese unvergleichliche Art die komplizierten Fälle löst. In Staffel 4 hat sich das Konzept zum Teil leicht abgenutzt und besonders einen Handlungsstrang fand ich unlogisch (zum ersten Mal in der Serie). Aber am Ende dennoch ein starker und für mich auch emotionaler Abschied von einer tollen Serie, die für mich der stärkste Vertreter des Nordic-Krimis ist. Die ersten beiden Staffeln finde ich überragend, Staffel 3 immer noch ganz stark, Staffel 4 etwas schwächer, aber weiterhin auf einem hohen Niveau. Eine Serie ganz oben im Regal.



