„Das Damengambit” ist ein Miniserien-Biopic über die (leider) fiktive Beth Harmon (Taylor-Joy), die nach einer sehr schwierigen Kindheit in ihrer Jugend zum Schach Wunderkind aufsteigt und zunächst die US-Szene und dann die ganze Schachwelt aufmischt. Die Serie trug in der Covid-Anfangszeit entscheidend zum Schach-Hype bei, wurde zum Netflix-Überraschungshit und verhalf Anya Taylor-Joys Karriere auf eine neue Stufe.
„The Queen’s Gambit” ist im Kern eine Dramaserie, obwohl das Schachthema auch in den „Special Interest“ Bereich hineinpasst. Doch die Serie ist universeller, da das Drama-Biopic, die Coming-of-Age Themen und die große Außenseitergeschichte im Mittelpunkt steht. Diese Konzeption und Mischung ist sehr gelungen, denn so können nicht nur Schachbegeisterte oder zumindest passable Schachspieler Spaß an der Serie finden, sondern alle. Schachvorkenntnisse benötigt man nicht, ich kenne auch nicht mehr als die Grundregeln und hatte keine Probleme. Vielleicht sind begeisterte Schachspieler sogar eher enttäuscht, dass der Fokus nicht mehr auf den Spielen liegt.
Die 7-teilige Miniserie beginnt in den 1950er Jahren in den USA. Die junge 9-jährige Waise Beth Harmon lernt dort von einem Hausmeister Schach und brilliert durch ihr Talent Züge visualisieren zu können. Dort entwickelt sie allerdings auch eine Medikamentenabhängigkeit, die sich durch ihr Leben zieht. Bald darauf wird Beth von einem kinderlosen Ehepaar adoptiert und beginnt in den 1960er Jahren an zahlreichen Schachturnieren teilzunehmen und die männlich dominierte Schachwelt aufzumischen. Wie sich das für ein gutes Biopic gehört, scheint sie nach oben kaum Grenzen zu haben.
„Das Damengambit” enthält viele Versatzstücke klassischer Biopics. Es werden mehrere verschiedene Zeiträume abgebildet, es gibt Zeitsprünge, Coming-of-Age-Elemente, Alkohol & Drogenkonsum, ein bisschen Liebe, eine ordentliche Portion Tragik, einige schwierige Charaktere und große Ziele. Ich würde die Serie als Spielberg-esk bezeichnen. Sie folgt klaren, bewährten Mustern und die Produktion weiß auf ganzer Linie zu überzeugen. Man kann einige schöne Ideen in Sachen Kamera und Schnitt (Stichwort Montagen) bestaunen, die fantasievolle Decken-Visualisierung der Stellungen ist ein spannender optischer Kunstgriff. Die Schauspieler sind alle gut, gerade Anya Taylor-Joy geht in ihrer Rolle auf. Darüber hinaus rundet ein starker Soundtrack die Miniserie gut ab.
Die Serie ist grundsolide und unterhaltsam, man weiß allerdings bereits zu Beginn, wie es ausgeht. Ein klein wenig hat mir deshalb das Besondere gefehlt und teilweise wirken die Sequenzen etwas unrealistisch und kulissenhaft. Aber das ist Kritik auf hohem Niveau. Insgesamt ist „The Queen’s Gambit” eine klassische Biopic-Miniserie, die allgemeinverträglich ist und die Klaviatur gekonnt spielt. Auch weit nach dem Hype ist die Serie immer noch sehenswert.



