Kaum eine andere Serie bietet so einen großen Qualitätsabfall von Staffel 1 zu Staffel 2. Während „Altered Carbon” Staffel 1 sehenswert und auch heute noch empfehlenswert ist, kann ich vor Staffel 2 nur warnen. „Altered Carbon” bietet eine wahre Dystopie in ferner Zukunft und gönnt sich sowohl visuelle als auch inhaltliche Anleihen bei „Blade Runner„, die Cyberpunk-Serie basiert auf Büchern.
Staffel 1: Der Hauptcharakter Takeshi Kovacs (Joel Kinnaman, sehr gut) erwacht 250 Jahre nach seinem Tod in einem neuen Körper. Er befindet sich im Spannungsfeld zwischen Cops, reichen Unsterblichkeitsfanatikern und der dystopischen KI-getränkten Welt. Die angesprochenen Themen sind alle mehr oder minder genretypisch, werden allerdings meist gut dargestellt. Konkret wird Kovacs von einem reichen Geschäftsmann beauftragt einen Mord zu untersuchen. Doch nicht irgendeinen Mord, sondern den Mord am Geschäftsmann selbst, beziehungsweise an einem seiner sogenannten „Sleeves”. Denn diese Technologie hebt die Handlung von „Altered Carbon” von anderen Genregrößen ab. Mittels dieser „Sleeves“ sind die Menschen nicht mehr auf einen Körper angewiesen, sondern können ihren „Stack“ (einen Mikrochip) in den Nacken eines jeden Körpers einstecken, um diesen zu verwenden. Nur wenn der Stack und seine Back-ups zerstört werden, ist man wirklich tot.
Die Handlung beginnt recht ruhig und nimmt sich Zeit für ihre Exposition, bis sie dann schnell größer, konsequenter und besser wird. Die Dialoge und der Vergangenheitsplot sind nicht unbedingt das Prunkstück der Serie, im Gegensatz zum gelungenen Wordbuilding und einigen Actionsequenzen. Für Genrefans (wie mich) ist die 1. Staffel feine Kost mit Makeln, über die man gerne hinwegsieht.
Staffel 2 tauscht fast alle Schauspieler – auch den Hauptcharakter – aus, was allerdings durch die Story nachvollziehbar ist. Leider bleiben eher die schlechten Schauspieler aus der vorherigen Staffel übrig und niemand kann das Fehlen von Joel Kinnaman auffangen, auch nicht Anthony Mackie. Dazu kommt eine weitgehend fehlende Chemie zwischen den Schauspielern. Grundsätzlich möchte ich nicht allzu sehr ins Detail gehen, das lohnt sich für diesen Unfug nicht. Die Macher (bzw. das Ausgangsmaterial) haben scheinbar in keiner Weise verstanden, warum ihre 1. Staffel gut war und was diese ausgezeichnete. Es wird diesmal auf dem schon nicht so guten Vergangenheitsplot aufgebaut und dazu werden noch ein klein wenig Kopfgeldjagd, Spezialsoldaten und unbekannte mächtige Gegner eingesprenkelt. Dabei bricht die Handlung ständig eigene Regeln, hat Charaktere, die plötzlich absolute Supergenies sind, und wirft die moralischen Fragen des Vorgängers komplett über Bord. Herzstück sollen wohl die emotionalen Momente sein, die in regelmäßigen Abständen kreiert werden, dann allerdings nur wenige Minuten später wieder komplett eingerissen werden. Die Kämpfe sollen jetzt mehr „Matrix” sein, die Martial-Arts-Einlagen sind allerdings durchweg so zerschnitten, dass es nur enttäuschend ist. Das einzige, was verbessert wurde, ist der Look, alles andere ist eine Farce. Kein Wunder, dass die Serie danach eingestellt wurde.
Daher ist das Fazit einfach: Bitte Staffel 1 schauen und Staffel 2 meiden. Staffel 1 alleine würde von mir sogar 82% erhalten, Staffel 2 bekommt 55%, somit war eher der Wunsch und nicht die Mathematik die gewählte Additions Option um auf 75% zu kommen.



