Die herausragende Miniserie zum Kriegsfilm-Klassiker „Das Boot“ lässt einen daran zweifeln, wie die ganze Handlung für den Kino-Cut in 2 ½ Stunden gepresst werden konnte. Ein kurzer Überblick über die Versionen: Es gibt eine rund 2 ½ stündige Kinofassung, einen 200 minütigen Director’s Cut und eben diese Miniserie von 1985, die eine Gesamtlaufzeit von etwa 5 Stunden aufweist. Die Miniserie ist die umfangreichste Erzählung der Geschichte, die es aktuell auf Netflix in 6 Teilen zum Ansehen gibt – und das lohnt sich sehr! Ich schreibe nicht von der Remake-Serie aus dem Jahr 2018.
„Das Boot” handelt von einer deutschen U-Boot Besatzung im 2. Weltkrieg, die 1941 Handelsschiffe (Versorgungsschiffe) auf dem Atlantik versenken soll. Das gelang zuvor besser, aber mittlerweile schützten die Alliierten ihre Schiffe mit eigenen Zerstörern, die mit Wasserbomben auch U-Boote attackieren konnten, die Zukunft sieht daher düsterer aus, die Gefahr für die Besatzung wird spürbarer. In Person des Leutnant Werner (Herbert Grönemeyer) kommt zu Beginn ein „Kriegsberichterstatter“ mit an Bord um Propagandabilder und -Geschichten auf- und mitzunehmen. Dabei gerät das U96 in zahlreiche Extremsituationen, die sich zunächst auf Angriffe und Gegenangriffe im Atlantik fokussieren, später auf einen großen Sturm und im letzten Drittel auf eine Durchbruchssituation an der Straße von Gibraltar. Dabei wird das Personal psychisch stark belastet.
Das Gesamtwerk „Das Boot” ist eine spannungsgeladene Tour de Force, gerade in den Actionsequenzen packend inszeniert und gut gespielt. Doch die Langversion lässt auch den ruhigen Momente des Wartens auf die Alarmbereitschaft und des tristen Lebens unter Wasser genügend Raum, der die Gesamtatmosphäre stark unterstützt. Für manche mag das Tempo der Miniserie, vor allem nach heutigen Sehgewohnheiten, zu langsam sein, für die bleibt der Director’s Cut. Ich fand es zielführend und stimmig auch die nachdenklichen Sequenzen sehen zu können, die den Charakteren deutlich mehr Raum zur Entfaltung geben. „Das Boot” ist ein produktionstechnisches Meisterwerk. Der 1 zu 1 Nachbau eines U-Boot-Inneren, die dynamische Kameraführung, die stimmige Musik, die großartigen Außenszenen, deren man ihr Alter aufgrund von Miniaturen nicht wirklich ansieht und die überragende Endsequenz können durchweg brillieren. Das ist wirklich großartig, nicht nur für einen deutschen Film, sondern überhaupt.
Auch die Darsteller wirken überwiegend authentisch. Vor allem Jürgen Prochnow als „Der Alte“ ist fantastisch in diesem Film, der so viele Filmkarrieren startete oder zumindest maßgeblich befeuerte. Martin Semmelrogge, Uwe Ochsenknecht, Heinz Hoenig, Jan Fedder, Ralf Richter und noch viele andere bekannte Gesichter sind Teil der Crew, herausstechend gut ist Erwin Leder als Johann. Man könnte kritisieren, dass viele der Figuren nicht sonderlich vielschichtig sind, sondern stattdessen Stereotype darstellen, an denen sich im Film auch nicht viel ändert. Stereotype der Region, aus denen die jeweilige Figur stammt und einen dementsprechenden Dialekt darbietet, was manchmal ans „Overacting” grenzt. Stereotype der uneingeschränkten Unterstützer des Nazi-Regimes. Einzig Prochnows und Grönemeyers Charakteren wird etwas mehr Komplexität und Entwicklung eingeräumt, der Kriegsberichterstatter funktioniert gleichzeitig als Anknüpfungspunkt für die Zuschauer, weil er genauso wie die Zuschauer zum ersten Mal in dieser Situation hineingeworfen wird. Trotz der Klischees wirken die Charaktere sehr greifbar und lassen eine Verbindung zwischen dem Zuschauer und der Crew zu. Das Ende ist absolut stimmig und großartig (in einem Take) inszeniert.
Die Geschichte von U-96 sollte man als den definierenden deutschen Kriegsfilm (neben „Der Untergang”) mit seiner packenden Atmosphäre auf jeden Fall einmal gesehen haben. Nach meiner erstmaligen Sichtung der Miniserie kann ich diese Version sehr empfehlen und sehe ansonsten nur den Director’s Cut als mögliche Alternative, alle anderen Optionen sparen zu viel aus und lassen den Charaktere nicht genügend Raum zum Atmen. Insgesamt ist die „Das Boot” Miniserie von 1985 auch heute noch absolut sehenswert, ein zeitloses Werk.



