„American Crime” ist eine 3-teilige Anthologie-Serie (jede Staffel steht für sich) mit einem interessanten Kniff: Einige der Darsteller treten nämlich Staffel für Staffel erneut auf, allerdings in komplett unterschiedlichen Rollen. Darüber hinaus greift sich die Serie jede Staffel einen neuen mutmaßlichen Kriminalfall heraus, verbindet ihn mit aktuellen gesellschaftlichen Themen und beleuchtet ihn aus verschiedenen Gesichtspunkten.
Die Anthologie-Serie mit 3 Staffeln versteht sich hauptsächlich als Ensemble-Drama, das auch gerne in Gerichtssälen ausgespielt wird. Darüber hinaus haben zumindest einige der Fälle auch eine reale Basis, allerdings dramatisiert, so dass ich nicht von einer True Crime-Serie sprechen möchte. Dennoch werden aktuelle gesellschaftliche Konflikte in den USA ins Zentrum der Handlung gestellt. Das gelingt mal besser, mal schlechter, teilweise gerät die Serie etwas zu sehr ins Belehrende/Pseudo-Dokumentarische, doch der Abschluss der verschiedenen Staffeln fällt zumeist furios aus. Die Darsteller sind allesamt nicht aus der obersten Riege, erledigen ihren Job allerdings überwiegend solide. Ich werde die unterschiedlichen Staffeln kurz für sich besprechen.
Staffel 1 beschäftigt sich mit dem Mord an einem weißen jungen Mann, dessen Frau in der Folge des Einbruchs und den Attacken im Koma liegt. 4 Personen werden verdächtigt und schnell wird ein Schwarzer verhaftet. Dadurch ergibt sich das große Thema von Staffel 1: Rassismus im Alltag, aber auch im Justizapparat und der gesamten Gesellschaft. Die Geschichte wird vor allem aus Sicht der Opferfamilien erzählt, allerdings wechselt die Erzählperspektive später. Etwas seltsam ist, dass diese sehr ernste Geschichte mit einer Lovestory zwischen zwei Drogenabhängigen verbunden wird, aber überraschenderweise gelingt die verrückte Mischung. Irgendwie wird der Geschichte über Alltagsrassismus und Ressentiments noch ein mexikanischer illegaler Einwanderer hinzugefügt, ob es passt oder nicht. Letztlich fehlt der Handlung lange der rote Faden, das Tempo fehlt. Die letzten beiden Episoden, vor allem die letzte, wissen allerdings zu überzeugen. Insgesamt ein interessantes Ende, die Staffel lässt sich allerdings zu viel Zeit, um zum Punkt zu kommen.
Staffel 2 verlegt die Handlung – auch zu meiner Überraschung – an eine Schule. Dort wird auf einer Party von Sportlern ein Privatschüler mutmaßlich von Teilen des Basketball-Teams vergewaltigt. Nun geht es darum, wie die Schule alles versucht, das mögliche Verbrechen unter den Tisch zu kehren, die Mutter des Opfers versucht ihrem Sohn allerdings beizustehen und alarmiert Polizei und Medien. Aber sagt er auch wirklich die Wahrheit oder geht es um die Vertuschung von Alkohol- und Drogenkonsum? Jedenfalls fährt die Eisenbahn des Mobbings auf Hochtouren und immer neue Entwicklungen halten die Handlung der 10-teiligen Staffel spannend. Das Pacing ist diesmal besser, die Staffel erreicht ihren vorläufigen Höhepunkt in Folge 7 und weiß auch danach weitgehend zu überzeugen. Eine Nebenstory um Rassismus gegen Latinos passt nur halb hinein, aber grundsätzlich ist diese Staffel thematisch mehr bei sich sowie stringenter und temporeicher erzählt.
Staffel 3 bewegt sich vollends ins Milieu der illegalen mexikanischen Einwanderer in die USA und zeigt die menschenunwürdigen Bedingungen, zu denen diese und andere Bedürftige arbeiten müssen. Das Verbrechen im Zentrum ist ein großes Feuer, bei dem mehrere der billigen Arbeitskräfte umkommen. Der Handlungsstrang rund um das Ausnutzen von billigen, illegalen Einwanderern endet aber bereits knapp hinter der Mitte der Staffel. Danach läuft es recht langsam aus und endet mit der Frau, die plötzlich ihre Moral findet und nun sich selbst finden will. Die 8-teilige finale Staffel konnte mich leider nicht mehr wirklich überzeugen, sie ist für mich deutlich die schwächste.
Letztlich muss man „American Crime” nicht gesehen haben, vor allem die zweite Staffel lohnt sich allerdings durchaus und auch die 1. Staffel hat ihre guten Momente.



