Eric – Wenn der Sohn verschwindet und man ein Monster sieht. Review Miniserie

„Eric” ist eine überfrachtete Drama-Miniserie, die sich im Kern mit psychischen Problemen – illustriert durch die titelgebende lebensgroße imaginäre Puppe – ihrer Hauptfigur Vincent (Benedict Cumberbatch als Faustpfand der Serie) und dem Verschwinden seines Sohnes in New York der 80er Jahre beschäftigt. Darüber hinaus werden allerdings auch Homophobie, Pädophilie, Obdachlosigkeit, Korruption und Machtmissbrauch thematisiert, die vor allem in einem zweiten Vermisstenfall behandelt werden.

Eines Tages verschwindet der 9-jährige Edgar (Ivan Morris Howe) auf dem Weg zur Schule in New York, zuvor hatte er einen der zahlreichen Streits seiner Eltern Vincent und Cassie (Gaby Hoffmann, gut) mitbekommen. Während der zynische, von psychischen Problemen begleitete, Vincent auf seiner Puppenspieler-Arbeit (in einer Show ähnlich zur Sesamstraße) aneckt, bemerkt Cassie früher das Verschwinden ihres Sohnes und alarmiert die Polizei. Dort kümmert sich vor allem der schwarze (und versteckt homosexuelle) Kommissar Ledroit (McKinley Belcher III, überzeugend) um den Fall, den er auch in Verbindung mit dem Vermisstenfall des 14-jährigen schwarzen Jungen Marlon sieht, eine Schlussfolgerung, der in seiner Dienstelle sonst niemand folgen möchte.

Nachdem zu Beginn unklar ist, wie Edgar verschwunden ist, kommt es zunächst zu einigen Verdächtigungen. Ein Nachbar und sogar der Vater selbst stehen im Mittelpunkt. Bis zur Mitte der Serie glaubte ich auch, dass Edgars Verbleib wirklich die Hauptgeschichte wäre, stattdessen wird dies aber überraschend früh aufgelöst. Danach erzählt die Handlung noch einen ganz anderen Fall, der die oben genannten Themen beinhaltet. Gelingt denn dieses „2 in 1” Paket? Für mich nur bedingt. Die Geschichte um Edgar fand ich letztlich etwas unrealistisch und am Ende sehr pathetisch, der Handlungsstrang um den zweiten vermissten Jungen ist tatsächlich interessanter, passt aber nicht so recht zum Rest.

Was ich allerdings nicht verstehe, sind die so schwachen Online-Bewertungen der Serie. „Eric” ist kein Quatsch und wer nicht damit klarkommt, dass eine lebensgroße Monsterfigur als imaginärer Begleiter eine psychisch kranke Hauptfigur begleitet, der ist sehr engstirnig. Ich ziehe lieber Vergleiche zu Donnie Darko, bei dem ich mich gerne an Hasen Frank erinnere. Die Miniserie gefiel mir in ihrem Setup sehr gut. Ein verschwundener Junge in den 80er Jahren in New York, kaputte Figuren, schöne 80er Jahre Musik Montagen, ein gutes Setting (wenn es auch arg lokal begrenzt wirkt), gut thematisierte Probleme rund um Homophobie und sehr fähige Darsteller, die fast ausnahmslos gute Leistungen abliefern.

Doch die Geschichte verlor mich leider etwas. Zum einen, weil der Fokus nicht klar ist, zum anderen, weil die Handlung meist sehr einfach und komisch weitergeführt wird. Vor allem in der Ermittlungsarbeit geschieht eigentlich alles über Videobänder und Videoaufnahmen aus der Stadt. Bänder, auf die die Polizei ab Tag 1 flächendeckend Zugriff haben sollte. Stattdessen werden diese Videobänder immer mal wieder neu gefunden, wenn die Handlung gerade eine neue Richtung benötigt. Einzig das letzte Videoband und dessen Beschaffung erscheint mir dabei logisch. Zudem deutet die Serie etwas zu viel an: Ich weiß bereits in Folge 2, wer die wahren bösen Buben sind, nur so ganz kann ich mir die Verwicklungen noch nicht ausmalen. Das Ende um den zweiten Vermisstenfall finde ich dann allerdings gut gelungen. Den Abschluss des Falls um Edgar aber leider weniger.

Somit ist „Eric” nicht so schlecht wie IMDb und Co. meinen und man kann sich die Miniserie aufgrund der starken Darstellerleistungen, interessanten Figuren und ihrer vielversprechenden Prämisse durchaus ansehen. Leider verhebt sie sich allerdings bei dem Versuch zu viel Inhalt in die Handlung hineinzupressen. Dabei werden sich einige vielleicht einfach die Filetstücke heraussuchen können, während andere am Ende eher enttäuscht sein werden.

74/100
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