I know this much is true – Vielschichtiges, bitteres Familiendrama. Review Miniserie

Mark Ruffalo spielt eine Bruder-Doppelrolle in der Familiendrama-HBO-Miniserie „I know this much is true”, die auf der gleichnamigen Buchvorlage basiert. Die Themen sind klassische „Gute Laune”-Themen: Schwere, gewalttätige Kindheit, psychische Erkrankungen, eine fragmentierte Familiengeschichte, der aussichtslose Kampf gegen die Windmühlen der Bürokratie.

Die erste Folge ist sperrig, weil ihr ab der Hälfte der rote Faden verloren geht und sie mehrere Zeitebenen öffnet. Die Zwillingsbrüder Dominick und Thomas Birdsey wachsen in einem gewalttätigen Elternhaus auf (geboren 1949/50), kennen ihren Vater nicht, aber ihr Stiefvater ist ein prügelndes Arschloch (oder normal für die Zeit, wie auch immer). Die Hauptzeitlinie spielt 1990, dort säbelt sich Thomas, der offenbar mittlerweile psychisch krank ist, in einer Bibliothek die Hand ab. Er ist schizophren, äußert ständig Verschwörungstheorien und sieht sich manchmal von Jesus auserwählt. In einem kleinen Nebenstrang 1987 erkrankt die Mutter, sie gibt ihrem Sohn Dominick auf dem Sterbebett ein italienisches Manuskript seines Großvaters, dessen Memoiren, die er als Einwanderer aus Italien in die USA verfasste. Dominick möchte dies von Nedra Frank (Juliette Lewis) übersetzen lassen, die in einer überaus seltsamen Sequenz mit ihm anbandeln möchte. Im Haupthandlungsstrang 1990 wird sein Bruder unterdessen in eine geschlossene psychiatrische Anstalt gebracht, Dominick versucht ohne Erfolg, aber mit viel Wut, zu intervenieren.

Die Handlung wirkt etwas wirr, oder? Genau, mit dieser Ausgangssituation tut sich die Serie keinen Gefallen, aber sie lohnt sich trotzdem im weiteren Verlauf. Vor allem, weil die Manuskript-Nebengeschichte für die kommenden Folgen erstmal ignoriert wird und sich die Handlung ganz auf die Beziehung der Brüder fokussiert. Was mussten sie als Kinder durchleiden, wann wurde Thomas komisch, was führte dazu, dass seine Schizophrenie komplett durchschlug? Doch nicht nur Thomas steht im Zentrum, sondern auch Dominick, der auch noch ein maximal dramatisches und trauriges Leben führte. Seine Ehe ist beispielsweise an einem Kindstod zerbrochen. Egal wo man hinschaut, alles ist bitter, wirklich schlimm und hoffnungslos. Insofern ist Dominick der Hauptcharakter, der auch therapiert werden muss, sich dennoch weiter für seinen Bruder einsetzt, aber auf einem eigenen Pfad der Selbstzerstörung wandelt. Thomas sieht man weniger, damit das Husarenstück von zwei Charakteren für Mark Ruffalo nicht zu groß wird.

Das psychologische Drama ist gut umgesetzt und produziert, sowie zum Teil schmerzhaft inszeniert in der Mitte. Für mich hätte es den ganzen Überbau mit dem Manuskript überhaupt nicht gebraucht. Was daraus folgt, ist letztlich nur eine (falsche?) Fährte, die viel zu viel Zeit beansprucht. Warum gibt es den Charakter von Juliette Lewis? Ihre Szenen sind katastrophal. Der spannende Charakter Joy Hanks (Imogen Poots) fehlt in den letzten beiden Folgen seltsamerweise gänzlich. Generell funktionierte für mich das Ende überhaupt nicht. Die „Lösung“ ist zu einfach und makaber, der religiöse Überton rund um das Wort „Vergebung” stößt mir in solchen Kontexten immer sauer auf, das ist hier besonders schlimm. Das Ende lehne ich ab, was natürlich meine Bewertung nicht gerade nach oben zieht. Die Mehrheit scheint aber mit dem Ende zufrieden gewesen zu sein, deswegen ist es wohl eher ein persönliches Problem meinerseits.

 „I know this much is true” ist eine interessante Miniserie mit starkem Drama und sehr guter Darstellung von psychischer Erkrankung. Der Anfang ist leider wirr und das Ende gezwungen pseudo-positiv. Die Mitte konnte mich hingegen überzeugen. Das Schauspiel von Ruffalo ist überwiegend überragend, die restlichen Darsteller sind auch sehr gut. Für mich schlagen die Makel doch zu hart ins Kontor, viele werden die Serie aber besser als ich finden.

75/100
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