Halt and Catch Fire – Geheimtipp! Der Techboom in den 80ern. Review ganze Serie

„Halt and Catch Fire” ist eine viel zu unbekannte Serie, damit ein wahrer Geheimtipp, vor allem in Deutschland. Ich möchte die in den 80er angesiedelte, Drama-Serie über den Computer-, Technologie- und Netzwerkboom mit vier grundverschiedenen und interessanten Hauptcharakteren sehr empfehlen.

Die sorgsam konzipierte und recht komplexe Workplace Drama-Serie erzählt eine zusammenhängende Handlung in vier Staffeln mit einem gelungenen Ende. Die Vergleiche mit „Mad Men” sind aufgrund des Dramas mit Arbeitsplatz-Setting passend, obwohl „Halt and Catch Fire” natürlich in einem anderen Milieu zu einer anderen Zeit spielt. Anfangs in den 80er Jahren angesiedelt, erstreckt sich die Serie auch bis tief in die 1990er Jahre und verknüpft dabei immer wieder Fiktion und Realität. Die in der Serie gegründete Firma gab es so nicht, die ganze Geschichte um das Aufkommen von PCs für zuhause, später das Internet, sowie Wettbewerber wie IBM und Co. sind aber natürlich real. Darüber hinaus beschäftigt sich die Serie auch mit den gesellschaftlichen Auswirkungen der neuen Erfindungen. Ich werde „Halt and Catch Fire“ nur in Gänze und nicht Staffel für Staffel präsentieren, weil ich sie damals in einem Rutsch schaute.

Joe MacMillan (Lee Pace, großartig) ist ein extrovertierter Geschäftsmann mit einem gewissen Geltungsdrang und dem Wunsch, endlich berühmt und erfolgreich zu werden. Er arbeitet bei der (fiktiven) Firma Cardiff Electric in Texas und möchte seinen Chef „Boss” (Toby Huss) davon überzeugen in den PC-Markt einzusteigen, der in den Startlöchern steht. Nachdem Joe Zugriff auf einen IBM-PC hatte, ist er der festen Überzeugung, dass man in direkte Konkurrenz mit der großen Marke treten sollte. Doch Boss ist die Investitionssumme dafür zunächst zu hoch, dennoch schart Joe ein kleines Team um sich herum, bestehend aus dem Computer Ingenieur Gordon Clark (Scoot McNairy), der davon besessen ist endlich ein revolutionäres Produkt zu entwickeln, und der jungen Genie-Programmiererin Cameron Howe (Mackenzie Davis). Gegen viele externe und interne Widerstände versuchen sie ein Produkt zu entwickeln, wobei sich sowohl untereinander zahlreiche Spannungen aufbauen, als auch außerhalb des Arbeitsplatzes. Denn Gordons Frau Donna (Kerry Bishé) ist nicht so ganz einverstanden damit, dass ihr Mann keine Zeit mehr für die Familie hat. Im Verlaufe der Staffeln geht es auch um eigene Start-ups, neue Konkurrenzsituationen und Freundschaften. Inhaltlich wird vor allem in der letzten Staffel auch das Internet stärker thematisiert.

Die große Stärke der Serie ist ihre Atmosphäre und ihr dargestelltes Milieu, was sich sehr frisch anfühlt. Die klassische 80er Jahre Nostalgie mit passender Musikauswahl wird angereichert mit einem Blick in die Anfänge des Siegeszugs der Technologieunternehmen, deren Produkte für die Gesellschaft immer wichtiger wurden, das Zeitalter der Digitalisierung steht an. In diese Zeit und Goldgräberstimmung kann man mit „Halt and Catch Fire” exzellent eintauchen, gleichermaßen ist der Serie auch die Darstellung des Scheiterns nicht fremd. Das Drama und die Konflikte sind meist gut nachvollziehbar, besonders stark fand ich allerdings einige Charakterentwicklungen. Diese sind im Kontext der Serie logisch, aber auch überraschend, man hat allerdings stets das Gefühl, dass die vielschichtigen Figuren gedanklich nicht auf der Stelle treten, sondern sich weiterentwickeln. Dabei helfen natürlich überwiegend gute Darstellerleistungen, alle bisher namentlich genannten Darsteller sind überzeugend. Gerade für Mackenzie Davis und Scoot McNairy bedeutete die Serie einen verdienten Schub für ihre Karrieren, für Kerry Bishé leider weniger. 

Zusammenfassend ist „Halt and Catch Fire” eine sehr sehenswerte Serie, die gerade in der Technologie-Nerd Nische gut funktioniert und überwiegend unterhaltsam ist. Nicht jede Folge erreicht das höchste Niveau, teilweise gibt es kleinere Pacing-Probleme. Doch vor allem die letzten Episoden einer Staffel, in denen Konflikte kulminieren und häufig neue Verhältnisse und Fakten geschaffen werden, sind spannend und interessant erzählt. Zudem enden die Staffeln zum Teil so, wie man es zu Beginn nicht erwartet hätte, eine gewisse Unvorhersehbarkeit hilft der Handlung. Regie und Produktion sind solide, es handelt sich allerdings nicht um eine Hochglanz-Produktion mit einem riesigen Budget. Das fällt aber kaum negativ ins Gewicht. Auch das Ende der Serie weiß zu überzeugen und ließ mich mit seinem starken „Solsbury Hill”-Ende sowohl emotional als auch zufrieden zurück.

Grundsätzlich möchte ich „Halt and Catch Fire” allen empfehlen, besonders wenn man mit Computer-Themen oder Arbeitsplatz-Drama Serien wie „Mad Men” viel anfangen kann. Aber auch darüber hinaus sind die zwischenmenschlichen Themen und Fragen rund um die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie so universell, dass die Serie Fans des Ensemble-Dramas gut gefallen kann. Die liebenswerten Charaktere weisen der Serie den Weg. Deswegen reinschauen, es lohnt sich.

85/100
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