„The Handmaid’s Tale” basiert auf dem dystopischen Roman von Margaret Atwood, der eine schockierende Welt, sowie ein derangiertes Frauenbild in den Vordergrund stellt. Die 1. Staffel ist überragend, die zweite noch sehr gut, danach geht es kontinuierlich bergab.
Im „Report der Magd” wird eine dystopische Welt dargestellt, in der die USA gestürzt und vom Staat „Gilead“ ersetzt wurden. Das Gesellschaftssystem von Gilead basiert darauf, Frauen zu unterdrücken und viele als eine Art Sklavinnen zu missbrauchen. Weil die Fruchtbarkeit der Frauen innerhalb der Welt scheinbar sehr niedrig geworden ist, ist eine tatsächliche Fruchtbarkeit ein hohes Gut in diesem Unrechtsstaat. Deswegen installiert Gilead ein System, in dem fruchtbare Frauen (in rot) kinderlosen Familien zugeordnet werden, um für diese Kinder zu gebären. Das klingt extrem seltsam und das ist es auch. Vor allem die „Zeremonien”, wenn Mann, Frau und Sklavin bei der de facto Vergewaltigung in einem Raum gezeigt werden, sind zutiefst absurd und widerlich. Insgesamt fokussiert sich die Serie häufig darauf, das Leid der Frauen zu präsentieren, allerdings kochen im weiteren Verlauf auch Flucht- oder Rebellionsmöglichkeit innerhalb der Gruppe der Unterdrückten hoch.
„The Handmaid’s Tale“ ist insgesamt solide gefilmt und gut inszeniert, auch die Darsteller, vor allem Elisabeth Moss, überzeugen fast durchgehend. Ich habe leichte Zweifel am Realismus der skizzierten Gesellschaft und hätte mir gewünscht, dass man sich für das Worldbuilding etwas mehr Zeit genommen hätte. Auch sind einige Charakter- Entwicklungen & Handlungen nicht ganz nachvollziehbar, anderen Charakteren wird unnötig viel Raum gegeben. Insgesamt darf man für diese beeindruckende Serie nicht allzu zart besaitet sein, denn Gewalt gegen Frauen steht auf der Tagesordnung. Bis sie zurückschlagen, dauert es eine Weile.
Das Ende der 1. Staffel hätte (mit einer Änderung) als hervorragender Abschluss der Serie funktioniert, aber es sollte dann noch so viel mehr folgen. Ich empfehle nach Staffel 1 oder Staffel 2 mit der Serie aufzuhören. Danach fehlte es an Ausgangsmaterial und das spürt man leider auch, weil die Charakterhandlungen immer unglaubwürdiger werden. Staffel 1 sollte aber jeder gesehen haben. Weil diese dystopische Welt viel über patriarchale Gesellschaftsformen – die es so auch heute noch gibt – aussagt und eine gelungene Warnung für alle sein sollte.
Ich habe damals allerdings weitergeschaut, was ich nicht mehr zwingend empfehlen würde. Für alle, die das noch interessiert, habe ich die Staffeln 3–5 präziser aufgedröselt.
Staffel 3 oder auch „Wie oft kann man eigentlich böse in die Kamera gucken?“ hat erneut 13 statt 10 Folgen und erneut führt das dazu, dass gerade die erste Hälfte redundant wirkt. Diese wird nämlich damit verbracht, das unglaubwürdig-schwache Ende von Staffel 2 wieder möglichst zurückzudrehen, ohne Rücksicht auf seine Charaktere oder Logik. Die unglaubliche „Plot-Armor“, die June besitzt, ist nicht zu erklären, gerade in einem Regime, wo man bei kleinsten Verfehlungen eigentlich an der Mauer aufgehängt wird. Auch die Beziehungen der anderen Nationen zu Gilead sind mindestens fragwürdig. Durch all das geht der Welt viel an Glaubwürdigkeit verloren. Glücklicherweise besinnen sich die letzten 3-4 Folgen wieder auf ein vernünftiges Ziel und bieten Highlights. Man kann also immer noch stringent und gut erzählen, tut das nur viel zu selten.
Staffel 4 hat immerhin „nur“ 10 Folgen, was dem Pacing etwas hilft. June schaut immer noch bei jedem Episodenende böse in die Kamera. Das ist die Konstanz, die ich in meinem Leben brauche. Logik und Charaktere wurden mittlerweile mehr oder minder komplett über den Haufen geworfen, June wirklich mittlerweile mindestens wie ein Sith-Lord, oder sie ist unsterblich. Die erste Hälfte wird mit der Radikalisierung interessant eingeleitet, bevor dann die unsägliche 3. Folge kommt, die in ihrer Dummheit und Redundanz kaum zu überbieten ist. Ab der Mitte wird es dann aber interessanter, weil der Schauplatz gewechselt wird. Auch wenn das Ende an den Haaren herbeigezogen ist, ist die 2. Hälfte der Staffel insgesamt unterhaltsamer. Ich hätte mir einen etwas größeren Blick auf die Welt gewünscht, mit mehr Hintergrundinfos, Weltpolitik, Krieg. Stattdessen bleibt man sehr fixiert auf die bisherigen Charaktere und räumt diesen Machtpositionen ein, die überhaupt keinen Sinn mehr ergeben.
Staffel 5 beginnt mit der wohl bisher schwächsten und dümmsten aller Folgen. Elisabeth Moss selbst führt jetzt noch häufiger Regie, das heißt, dass June noch häufiger wütend in die Kamera schaut. Ich fühle die dargestellte Welt kaum noch, die Ansatzpunkte sind stark und immer noch da, aber nicht mehr logisch. Die inneren Machenschaften von Gilead stützen sich nur noch auf: Wer tötet wen und auf einmal ist irgendwer an der Macht… June ist mittlerweile berühmt, dennoch erkennt sie fast niemand, sie bewegt sich einfach so in einem „Niemandsland“ zwischen Gilead und Kanada (wo sind die harten DDR-Grenzen?) und bringt sich stets in massive Gefahr auf die dümmste Weise. Sie hat keinerlei Bewusstsein für irgendetwas außer „Ich bin sauer” und „aber Hannah Banana”. Das Writing ist mies. Mittlerweile fühlt es sich so an, dass sie zu Beginn der Staffel ein paar gute und interessante Szenen schreiben: Also wie schaffen wir es, dass June nochmal mit Serena alleine ist? Wie kriegen wir June und Luke wieder getrennt? Diese Konfrontationssequenzen sind dann meist auch ganz cool, aber der Weg dahin ist meist eine Farce, die mit jeder Logik auf Kriegsfuß steht.
Man hätte gut nach Staffel 2 einen Schlussstrich ziehen können, mindestens 4&5 ziehen das Gesamtrating weiter hinunter. Die letzte Staffel müsste ich aus Komplettierungsgründen wohl nochmal nachholen. Staffel 1 alleine wäre bei 87% gelandet.



