When they see us – Unschuldig verurteilt. Review Miniserie

„When they see us” erzählt die Geschichte der sogenannten „Central Park Five”, einer Gruppe von fünf latein- und afroamerikanischen Jugendlichen, die 1989 fälschlich verdächtigt wurden eine junge Frau im New Yorker Central Park vergewaltigt zu haben. Die Miniserie ist keine Dokumentation, aber ein Dokudrama, was sich eng an der Realität orientiert.

Ich kannte den Fall vor dem Ansehen der Serie nicht, in den USA gilt er allerdings als einer der größten Justizskandale der jüngeren Vergangenheit und einer der meistbeachteten Verbrechen innerhalb der USA, der eine Rassismusdebatte lostrat. Ein Fall, der kaum zu glauben ist, wenn er nicht wahr wäre. Die Miniserie mit nur vier Episoden fokussiert sich zunächst auf die Tat selbst, dann auf Verhaftung, Vernehmung, Einschüchterungen, Gewaltandrohungen und fehlende Verteidiger bei den Beschuldigten. Im weiteren Verlauf wird auch der Prozess dargestellt, eine dritte Folge beschäftigt sich mit den nun Erwachsenen fälschlicherweise Verurteilten, die aus dem Gefängnis entlassen werden. Die letzte Folge klärt endlich die tatsächlichen Ereignisse auf und blickt noch einmal mit dem Brennglas auf so viel Fehlverhalten innerhalb so vieler Behörden und die mutmaßlich rassistisch motivierte grauenvolle Polizeiarbeit.

Mit ihrer pseudo-dokumentarischen Machart gelingt der hochwertig produzierten Serie eine kluge und interessant erzählte Chronologie der damaligen Ereignisse über Verhaftung, Prozess, Gefängnis und die Zeit danach. Die Miniserie spielt die Klaviatur von dramatischen Serien hervorragend und absolut am oberen Ende aller Genre-Standards. Durch die passende Musik und sehr schön eingefangene Bilder mit Symbolik wird die unglaubliche Tragik der Charaktere untermalt in einer Serie, die wütend macht und einen extrem frustriert zurücklässt. Zu dieser Frustration passt auch perfekt ein kleiner Einschub über Donald Trump, der die Todesstrafe für die fünf Jungen öffentlichkeitswirksam forderte und sie noch 2016 für schuldig hielt. Dieser Einschub und die Verbindung zur – damals wie heute – aktuellen Politik passen leider sehr gut ins Bild. Das stark aufspielende Schauspielerensemble und die Machart, die stets emotional nah an ihren Figuren ist, unterstützt die Authentizität dieser Miniserie über einen unfassbaren Fall. Die echten „Central Park Five” fungierten zudem auch als Berater und Ansprechpartner für die Schauspieler, die sie verkörpern.

Innerhalb dieser eigentlich gut produzierten, aber auch sehr klassischen Machart liegt für mich ein kleines Problem. Ich habe bereits sehr viele dieser traurigen Szenen mit Nahaufnahmen von weinenden Gesichtern in Slowmotion zu Geigenmusik gesehen, gepaart mit ständigen Voiceovern aus der Vergangenheit und einer bekannten, typischen Inszenierung der Kinder. Doch oftmals ist dies im fiktionalen Bereich angesiedelt, hier handelt es sich um einen realen Fall. Insofern war ich mir zum Teil unsicher, ob diese Regie bei einem Dokudrama perfekt passt. Dennoch ist das im Kern der Serie nicht vorzuwerfen, sie weiß die ganze Bandbreite des Dramas gekonnt zu bespielen, um an einigen Stelle die gewünschte Emotionalität zu erreichen. Aber das ist Kritik auf hohem Niveau, vermutlich ein eher persönliches Problem von mir und schmälert die Qualität der Serie nur wenig.

Letztlich sollte man diese Miniserie gesehen haben, vor allem, wenn man den realen Fall noch nicht kennt. Dieses Behördenversagen, verbunden mit dem bewussten Einsatz von manipulativen Taktiken und einem rassistischen Unterbau, ist leider sehr sehenswert. „When they see us” hat bei mir gefruchtet und sowohl Unglaube als auch Wut ausgelöst.

85/100
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