„The Long Shadow” ist eine britische Miniserie mit umfangreichem, stark aufspielendem Ensemble, die den True-Crime Fall eines Serienmörders in den 70er und 80er Jahren in England thematisiert.
Nach dem Anfang, der sich näher mit den Opfern beschäftigt, wechselt die Erzählperspektive schnell zur Polizei, wo einfach jeder versagt und die falschen Entscheidungen trifft, so dass man sich nur an den Kopf fassen kann. Klassischer Fall von „wenn es Fiktion wäre, fände ich es unrealistisch“, aber es basiert eben auf wahren Begebenheiten. Auf die Täter-Perspektive wird komplett verzichtet, im Gegensatz zu beispielsweise der Netflix-Serie „Dahmer“.
In den 70er Jahren treibt ein Serienmörder in Leeds und Umgebung sein Unwesen, dabei werden vor allem Prostituierte seine Opfer. Die Serie schafft einen verständlichen Hintergrund, dass die grauenvolle wirtschaftliche Lage zum Teil für Frauen kaum andere Möglichkeiten zuließ. Doch hat es der Täter speziell auf die Sexarbeiterinnen abgesehen, oder sind diese nur einfache Opfer für ihn? Das ist der Polizei erstmal egal. Ein riesiges Bollwerk der Misogynie (& des Rassismus) innerhalb der Behörde, die die Prostituierten kriminalisieren wollen und ihnen „selbst schuld“ mehrfach zuwerfen, erschwert die zielführende Suche nach dem Täter. Durch diese geballte Inkompetenz kann der Serienkiller fleißig weiter morden, insgesamt 6 Jahre lang, in denen die Polizei ihm selten näher kommt. Stattdessen jagt die Polizei immer wieder falschen Fährten nach, verliert komplett den Überblick und neue Bosse werden mit dem Fall betraut, die Fehler fortsetzen oder gar verschlimmern.
Große Teile des sehr breiten Ensembles mit vielen Gaststars kamen mir bekannt vor, mit Toby Jones, David Morrissey und Michael McElhatton (Lord Bolton,GoT) an der Spitze. Die Regie- und Kameraarbeit fand ich grundsolide. Die Inszenierung ist ruhig, bedächtig, nüchtern, teilweise etwas unterkühlt. Zu Beginn wird zwar Mitgefühl mit den Opfern geweckt, aber der Fokus liegt auf den Schreibtisch-Missetätern, die den „Ripper“ durch Inkompetenz weiter morden ließen. Anfänglich fand ich es etwas schwierig hereinzukommen, weil der Fokus noch fehlt und ich nicht so recht wusste, in welche Richtung die Serie sich entwickeln wird (ohne den realen Fall zu kennen). Ab einem gewissen Zeitpunkt steht dann das Polizeiversagen im Vordergrund und ab da war ich richtig involviert. Unfassbar, dass es ein realer Fall ist. Gerade die letzten beiden Folgen zeigen ganz exzellent, wie traurig falsch die Gesetzeshüter lagen.
„The Long Shadow” ist durchaus empfehlenswert, allerdings ruhig, analytisch und manchmal etwas langweilig. Die Langsamkeit ist durchaus als Stilmittel zu verstehen, weil eben in der Story selbst auch nichts vorwärts ging. Vielleicht ist „The Long Shadow“ eher etwas für True Crime Fans, als für bloße Krimifans, die Serie lädt auf jeden Fall zum Nachlesen über den echten Fall ein.



