The Underground Railroad – Wenn die metaphorische Eisenbahn Wirklichkeit wird. Review Miniserie

Setting der Serie ist das Zeitalter der Sklaverei in den USA. Nachdem eine junge Frau sieht, wie auf ihrer Sklavenfarm ein junger Mann von den weißen „Besitzern” zum Spaß verbrannt wird, beschließt sie mit Freund Caesar zu fliehen – wie einst ihre Mutter.

Dabei wird sie stets von einem weißen Sklavenfänger (Joel Edgerton) verfolgt. Handelt es sich hier tatsächlich um klassisch historischen Stoff? Nein, denn die titelgebende „Underground Railroad“ gab es zwar tatsächlich, sie war in Wahrheit aber keine echte Eisenbahn, sondern ein Netzwerk, das Sklaven von den Südstaaten in die Nordstaaten brachte. Doch hier gibt es die U-Eisenbahn wirklich, was schon viel aussagt über die Serie, die komplett auf dieser mythischen Metapher errichtet wurde. Dementsprechend zerfließen in dieser Miniserie die Grenzen zwischen auf der Realität basierendem Historiendrama mit Aspekten der Menschenjagd und Fantasy.

Auf ihrem Weg macht die junge Cora (Thuso Mbedu) immer wieder an neuen Orten vorbei Halt, die ihre ganz eigenen Ideen vom Umgang mit Schwarzen haben. Manchmal erscheint dieser Umgang ihr sogar besser, als dort wo sie herkommt, zu Beginn ihres Stopps sogar halb vernünftig. Doch zumeist wird das im Verlauf der Folge wieder negativ aufgebrochen. Durch diese verschiedenen Haltestellen fühlt sich die Serie sehr episodisch an, fast jede Folge hat einen eigenen Aufbau, ein eigenes Drama entspinnt sich.

Oscar-Preisträger Barry Jenkins führt die Regie in dieser Serie, die vor filmischen Metaphern und Bildsprache nur so strotzt. Es gibt zahlreiche Szenen und Bilder, die sehr lange stehen bleiben, in denen in Sachen Handlung fast nichts passiert, vermutlich weil man selbst reflektieren und ins Seelenleben der Protagonisten blicken soll. Für manche wird sich das etwas überinszeniert anfühlen, für manche vielleicht genau richtig. Das Pacing, ist gemäß aktueller Serienkonventionen, als aufreizend langsam zu bezeichnen. Gut und sehr hart anzusehen, sind die Szenen, in denen brutal die ganze Härte und Widerlichkeit der Sklaverei aufgezeigt wird. Was natürlich überbordend für die ganze Serie gilt, aber besonders in den gewaltvollen Szenen sehr nachdrücklich und stark inszeniert wird.

Für wen ist die Serie sehenswert? Schwer zu sagen, für einige abschreckend, wird die Sprache der Sklaverei mit ihren Worten verwendet, was für heutige Ohren unangenehm ist. Ansonsten gibt es viel Gewalt, sehr viel Leiden, ein paar kitschig-überhöhte Szenen, sogar seltsame Traumsequenzen. Einige Bilder sind visuell wirklich überragend und stehen in ihrer Schönheit dem Grauen der Handlung gegenüber. Hier wurde sicherlich Kunst erschaffen. Inhaltlich sind gerade die ersten 3 Folgen und insbesondere die sehr starke Folge 9 schon sehenswert. Aber die ganze Geschichte funktioniert nur über immer noch recht naive Figuren (wie auch immer das sein kann, nach all der Scheiße, die sie schon gesehen haben) und sie erzählt wirklich wenig (Neues) in sehr viel Zeit (einige Folgen dauern etwa 80 Minuten, eine Ausreißerfolge nur 20 Minuten). 

Somit ist die Miniserie eher etwas für Fans des leidvollen Kinos, die vielleicht auch dem Arthouse-Kino nicht völlig abgeneigt sind. Für mich reichen am Ende die insgesamt 4 guten Folgen von 10 nicht aus, um die ganze Serie für ein allgemeines Publikum zu empfehlen.

75/100
Total Score
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