Babylon Berlin – Krimi in der Weimarer Republik. Review Staffeln 1-4

Deutsche Kriminalserie, zeitlich angesiedelt zum Ende der 1920er Jahre in Deutschland im Spannungsfeld der schwächelnden Weimarer Republik, genau in ihrem Machtzentrum: Berlin.

Die Serie braucht etwas Zeit, um Tempo aufzunehmen und den roten Faden herauszustellen. Die politischen und gesellschaftlichen Dimensionen der Zeit werden dabei gut porträtiert, darüber hinaus wird sich genügend Zeit genommen, um die verschiedenen Einflussgruppen (innerhalb der Polizei und politisch) umfassend zu beleuchten. Durch die gelungene Exposition schafft es „Babylon Berlin” die Gesellschaft der Weimarer Republik zu charakterisieren, die doch eher selten Thema im Film ist. Auf Basis dessen wird anfangs eine recht klassische Kriminalgeschichte erzählt mit einem Kommissar, der aus dem Krieg gebeutelt zurückkehrte, und einer aufstrebenden Dame, deren Ziel es ist, die erste Kommissarin der Mordkommission in Berlin zu werden. Die ersten beiden Staffel bieten eine gemeinsame Haupthandlung und schließen nahtlos aneinander an. Vor allem das Ende von Staffel 1 und Großteile der 2. Staffel sind wirklich spannend und überzeugend, einige Folgen glänzen mit überraschenden Szenen. Das CGI-Zug-Ende ist aber vor allem visuell eine große Enttäuschung. Inhaltlich war das Gezeigte allerdings weitgehend überzeugend.

Staffel 3 führt einerseits das Ende der zweiten Staffel und die Geschichte einer sich verändernden Gesellschaft weiter, die NSDAP wird unter anderem präsenter, andererseits haben wir einen komplett neuen Kriminalfall im Film-Milieu. Dieser Spagat funktioniert gut. Gerade die historische Komponente mit einem Aufbegehren der Nazis und einer Charakterisierung der konservativen Kräfte gelingt, die in den Nazis zu diesem Zeitpunkt noch Steigbügelhalter für ihre eigene künftige Macht sahen. Auch Kurzauftritte von historischen Persönlichkeiten wie Stresemann stehen der Serie gut. An einigen Stellen wirkt die Serie allerdings überfüllt, gerade die Börsenthematik und das Okkulte passen nicht richtig unter den Hut. Dazu kommen relativ sinnlose Nebencharaktere, denen mehr Zeit eingeräumt wird, als ihre Rolle als Vehikel der Story eigentlich nötig hätte. Außerdem leidet die Geschichte an einigen Stellen an der Dummheit seiner Charaktere und über die Gesamtzeit an ein paar zu vielen Andeutungen. Beispielsweise bekommt man die Lösung der Mordserie schon früh präsentiert, man möchte nur aufgrund des fragwürdigen Motivs nicht so recht daran glauben. Die filmischen Referenzen und die Produktion sind liebevoll und solide. Generell habe ich gerne weiter geschaut, da die Serie im Setting vor dem historischen Hintergrund ein schönes Alleinstellungsmerkmal hat, wodurch sie sehenswert ist.

Staffel 4 startet krass hinein mit ganz vielen Hakenkreuz-Armbinden. Wir sind im Jahr 1930/31, die NSDAP begehrt weiter auf, die SA wird präsenter, der gesellschaftliche Wandel wird deutlicher. Leider bekommen wir von dem sonst so gelungenen Wordbuilding außerhalb der SA-Massenszenen und dem ein oder anderen Gericht allerdings wenig mit. Ansonsten krankt die Serie immer noch an ähnlichen Problemen, die wieder mit den schwachen Nebencharakteren und ihren dummen Handlungen zu tun haben. Besonders auffällig ist, dass alle wichtigen „Kinder“ eigentlich nur dumme, idiotische Hürden für ihre jeweiligen Eltern oder ihr Motiv sind. Frustrierend. Die Handlungsstränge sind diesmal vielfältig, was darin mündet, dass es in der Mitte mal langweiliger ist und die Ränder stärker sind. Im Speziellen kann ich der ganzen Storyline um Lars Eidinger, der mal wieder heillos überdramatisch overacted, in Verbindung mit dem Edelstein wenig abgewinnen. Genauso die überfällige, langweilige Lovestory und alles was hier mit Kunst und Tanz noch zu tun hat. Ausgenommen der Geniestreich Max Raabe zu verpflichten und ihn den Hit „Ein Tag wie Gold“ mehrfach performen zu lassen. Der Charlotte Storystrang ist zumindest am Ende gut und schön konsequent (was zu starken 20 Minuten am Anfang von Folge 9 führt) und auch Gereons mit der SA ist interessant. Die Unterwelt-Geschichte ist immerhin unterhaltsam, wenn auch etwas quatschig. Spannend ist, dass man sich von dem Genre des Krimis fast ganz gelöst hat und sich in verschiedenen Genres ausprobiert. Der politische Teil steht mittlerweile eher im Vordergrund. Die Rahmenhandlung um Gereons Krankheit ist weiterhin vor allem merkwürdig.

Zusammenfassend eine spannende und interessante deutsche Serie, an dessen 5. und finaler Staffel ich sehr interessiert bin.

80/100
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