Generell gilt: Wer den Film mag, wird die ersten beiden Staffeln mögen. Denn diese sind wirklich Kunst, danach ging es jedoch leider stetig bergab. „Fargo“ ist eine wunderbar groteske Krimi-Thriller-Serie, die meistens im Schnee spielt, vor Gewalt nicht zurückschreckt und wunderbare Charaktere zu bieten hat.
Die (weitgehende) Anthologie-Serie „Fargo” ist in ihrer Gesamtheit schwer einzuschätzen und zu bewerten. Zunächst weil in jeder Staffel ein Großteil des Casts sowie die Story ausgetauscht werden, wodurch es naturgemäß zu starken qualitativen Schwankungen kommt. Außerdem ist die Genre-Einteilung schwierig. Meist geht es bei „Fargo“ um Morde, kriminelle Organisationen, aber auch klassische Polizeiarbeit, allerdings eben mit der Fargo-Note. Zumindest zu Beginn noch im Schnee, aber vor allem mit viel Satire,Gesellschaftskritik und teilweise krudem (Slapstick)-Humor, ergeben sich hieraus spannende Fälle, rund um hochinteressante, teils groteske Charaktere.
Zusammenfassend bieten die Staffeln stets eine absurde, dialog-getriebene Handlung mit seltsamen, interessanten, teils dümmlichen, aber nachvollziehbaren Charakteren, die eine gewisse Komik mitbringen. Dazu ist der deutsche Untertitel des Films „Blutiger Schnee” auch hier fortwährend Programm und wird mit einer überraschenden Konsequenz untermalt. Dieses sehr positive Gesamtbild gilt für die ersten beiden Staffeln, danach wird es etwas komplizierter, weil die Serie sich arg von ihren Wurzeln entfernt. Jede Staffel kann allerdings mit einem starken Schauspieler-Ensemble punkten.
In Staffel 1 stolpert der introvertierte und häufig gemobbte Lester Nygaard (Martin Freeman) in ein Zusammentreffen mit Auftragskiller Lorne Malvo (Billy Bob Thornton), der ihn fragt, ob er seinen Highschool Mobber ermorden soll. Weil Lester das nicht eindeutig verneint, bringt Malvo den Job zu Ende und nun ist nicht nur die Polizei den beiden auf der Spur, sondern auch ein Gangster-Syndikat aus Fargo, da der Ermordete Mitglied dessen war. Eine herrliche Groteske mit überzeugenden Schauspielern bis hinein in die Nebenrollen. Billy Bob sorgt für großen Spaß und viele Tote.
Staffel 2 beginnt mit einem folgenschweren, tödlichen Autounfall, den das Ehepaar Blumquist (Kirsten Dunst und Jesse Plemons) zu vertuschen versucht. Blöderweise war der Getötete ein Sohn eines Fargo-Verbrecher-Syndikats. Erneut ist auch die Polizei auf den Versen, doch im Laufe der Staffel rückt ein Gangkrieg zwischen zwei rivalisierenden Banden immer weiter in den Vordergrund, der in einem fulminanten Finale gipfelt. Gilt gemeinhin als die beste Staffel.
Staffel 3 ist eigentlich die Evan McGregor Show, der in einer Doppelrolle aufspielt und dessen Figur Ray Stussy eigentlich nur seinen Bruder beklauen möchte, dabei allerdings zufälligerweise in einem Doppelmord hineingerät. Die Show wird im kalten Minnesota des Jahres 2010 allerdings von V.M. Varga (David Thewlis) gestohlen, der wiederum die Verbindung in die Gangster-Unterwelt bedeutet. Nicht mehr so stark, wie die vorherigen beiden Staffeln, aber immer noch weitgehend unterhaltsam, wenn auch mit mehr spürbaren Längen und weniger interessanten Charakteren als die beiden Vorgänger.
Staffel 4 war leider wenig. Ich muss gestehen, dass ich sie nicht ganz durchgehalten habe, weil das Erzähltempo wirklich quälend langatmig war. Anfang und Ende komplett geschaut, in der Mitte ein bisschen geskipped. Die Verlegung in Kansas City der 1950er mit zwei rivalisierenden Gangsterbanden hat zwar eine interessante Ausgangssituation zu bieten: Um für Frieden zu sorgen, tauschen 2 Gangsterfamilien jeweils einen Sohn aus, der bei der anderen Familie lebt und integriert wird. Doch daraus wird zu wenig gemacht und die Geschichte kommt in der Mitte überhaupt nicht vom Fleck. Ich würde empfehlen Staffel 4 auszusparen und stattdessen direkt von Staffel 3 zur 5. Staffel zu springen.
Staffel 5 ist durchaus wieder ein „Return to form”. Die erste Folge ist für mich das Highlight der Staffel. Die Entführungs-Sequenz wird erfrischend inszeniert wird, Hauptfigur Dot (Juno Temple, sehr stark) muss in bester „Kevin Allein zu Haus” Manier immer wieder neue Abwehrideen entwickeln. Jon Hamm als waffenbesessener, erzkonservativer, pseudo-christlicher, rechter, frauenverachtender Spinner: Auch gut. Diesmal gibt es auch seltsamerweise eine übernatürliche Komponente (Sam Spruell), die sich überraschend gut ins Gesamtkonstrukt einfügt. Die Staffel hat ein paar nicht so spannende Folgen in der Mitte, aber Anfang und Ende sind überzeugend. Gutes, wenn auch nicht überragendes, Gesamtende einer spannenden Serie.
Gemeinhin wird die 2. Staffel als die stärkste angesehen, also 2>1>3>5>4. Ich sage 1>2>5>3>4.



