„The Patient” ist eine Drama/Thriller-Miniserie, die mit einem ungewöhnlichen Konzept beginnt: Ein Serienkiller entführt seinen Therapeuten und kettet ihn in seinem Keller an. Seine Idee ist, dass er so endlich komplett offen mit dem Psychiater reden kann und sie gemeinsam einen Weg finden, seine mörderischen Zwänge zu überwinden. Die Prämisse dieses Kammerspiels klingt spannend, leider sind die 10 Folgen viel zu lang für die recht knappe Grundgeschichte.
Die beiden größten Stärken der Miniserie sind die Hauptdarsteller. Steve Carell brilliert als entführter Therapeut, der im Verlauf der Geschichte sein Leben und seine Fehler im Umgang mit den Kinder reflektiert und gleichzeitig versucht seinen Patienten zu manipulieren, um irgendwie doch noch freizukommen. Domhnall Gleeson habe ich als Serienmörder zunächst nicht sofort erkannt, er spielt den von Zwängen begleiteten und in der Kindheit misshandelten Serienkiller sehr gut. In seiner kindlichen Naivität empfindet seine Figur die Therapie-Idee als sinnvoll, er möchte sich wirklich helfen lassen. Fortan gibt es einige Zwiegespräche der beiden, in denen sie versuchen, die Ursprünge der Mordlust zu ergründen und Methoden zu entwickeln, um den Blutdurst zu hemmen. Dies sind die stärksten Momente, leider franst die Handlung darüber hinaus aus. Sie verliert sich in Miniepisoden, die die Geschichte kaum voranbringen, zudem steht irgendwann Steve Carells Charakter mit seinem Fantasievorstellungen von eigenen Therapiegesprächen, die nur in seinem Kopf stattfinden, und seiner wiedergefundenen Verbundenheit mit den Leiden des jüdischen Volkes (bspw. Konzentrationslager) im Mittelpunkt. Das unterfüttert zwar die Figur, aber wirkt teilweise arg langatmig und auch nicht immer zu 100% passend.
Die anfänglichen Episoden dauern noch etwa 25 Minuten, die späteren werden deutlich länger, so dass die Miniserie am Ende bei über 5 Stunden Laufzeit einläuft. Ganz ehrlich: Es hätte auch ein Film ausgereicht. Ein rund zweistündiger Film, der sich auf die Hauptelemente fokussiert, einige Handlungsstränge komplett herausstreicht und ansonsten Szenen einkürzt, hätte mutmaßlich deutlich besser funktioniert als diese Miniserie, die mindestens 2 Stunden zu lang ist. Das ist schade, denn die Prämisse ist gut, die Produktion ist solide und die Darsteller überzeugen. Doch das kränkelnde Pacing nimmt der Geschichte jegliches Tempo und bremst sie aus.
„The Patient” ist ein High-Concept-Thriller, das Konzept steht über allem und da wird auch die ein oder andere logische Ungereimtheit nicht weiter beachtet. Die ganze Situation ist grotesk und man muss über ein paar Dinge hinwegsehen. Der Keller ist beispielsweise ein lichtdurchfluteter Raum mit großer Eingangstür, bei der man auch nach draußen blicken kann. Ok, angeblich ist dieses allein Haus im Wald, aber ab und an wird auch mal ein Postbote, ein Spaziergänger oder ein Gast vorbeikommen. Was passiert, wenn der durch die Tür schaut? Wie einfach ist es, Menschen auf Parkplätzen zu erschlagen und frei durch die Gegend zu transportieren? Warum gibt es in dieser Welt scheinbar keine Polizei, die irgendwie ermittelt? Wie sieht es mit der Hygiene und dem Gestank von Steve Carells Figur aus, der stets in derselben Kleidung (in Schuhen?) auf seinem Bett hockt? Das sind nur Beispiele für einige Ungereimtheiten, die der Geschichte nicht gerade zur großen Glaubwürdigkeit verhelfen. Dennoch funktioniert die Haupthandlung und auch das Ende konnte mich einigermaßen überzeugen.
Letztlich bleibt von „The Patient”, dass die Serie mehr Potenzial hat, als sie abrufen kann. Das Konzept ist gut, die Darsteller sind stark, aber leider wird die Geschichte viel zu sehr gestreckt, so dass sich einige Folgen redundant oder regelrecht zäh anfühlen. Das ändert nichts an einem gelungenen Start und Ende, dennoch reicht es deshalb nicht zur großen Empfehlung.



