„Say Nothing” ist ein klassisches Historiendrama mit Thrillerelementen über „The Troubles”, die gewaltvollen Zusammenstöße zwischen der IRA, die eine Wiedervereinigung mit Irland anstrebt, und den britischen Soldaten in Nordirland. Häufig fokussieren sich Filme auf einzelne, schwerwiegende Ereignisse, „Say Nothing” versucht sich an einem Rundumblick über vier Dekaden, bei dem allerdings vor allem die 70er Jahre und ein weiblicher Blick in die IRA durch die beiden Price-Schwestern im Vordergrund stehen. Die Serie basiert auf einem Bestseller, sie läuft bei Disney+ aktuell nur im Originalton, Untertitel sind bei den Dialekten empfehlenswert.
Im Zentrum der Serie stehen Dolours (Lola Petticrew & Maxine Peake) und Marian Price (Hazel Doupe, sehr gut und Helen Behan), die aus einer zutiefst republikanischen Familie in Belfast stammen und über das Leid und die steten Kampfhandlung in ihrer Umgebung – trotz guter Bildungschancen – radikalisiert werden. Sie treten der IRA bei und wollen darin mehr sein als nur Handlanger und Sanitäter, wie es zuvor für Frauen üblich war. Dabei lernen sie zahlreiche Entscheidungsträger kennen und arbeiten sich langsam innerhalb der Organisation hoch, während immer wieder in Andeutungen auch das Verschwinden der 10-fachen Mutter Jean McConville verhandelt wird, wobei die Zusammenhänge zunächst nicht klar werden. Generell werden viele verschiedene Zeitebenen bespielt, so erzählt eine deutlich ältere Dolours einer Person des sogenannten „Belfast Project” in einer Rückblende und Rahmenhandlung von den Ereignissen ver Vergangenheit.
Nach dem klassischen Aufstieg rüttelt die Mitte die Miniserie richtig wach und leitet sie auf interessantere, ambivalente Spuren. Zu Beginn taucht man tief in die IRA ein und versteht, warum sie zu Kämpfern wurden, die schließlich auch Terroristen sind. Zu verherrlichend wird es nie, stattdessen blickt die Handlung vor allem im letzten Drittel sehr stark auf andere Aspekte. So wird auch das Verschwinden von Bürgern durch die IRA („the Disappeared”) nicht ausgespart, sondern aufgelöst und die internen Konflikte innerhalb der Organisation werden überdeutlich. Erzählerisch beginnt die 9-teilige Miniserie etwas traditionell und langsamer, Folge 5 bietet allerdings ein erstes Highlight, Episode 6 ist die beste der ganzen Serie und wechselt gekonnt das Genre. Die aktuellere Zeit bringt es, trotz einer schwächeren Folge 7, zu einem gelungenen, tragischen und bitteren Abschluss.
Das Thema der Troubles ist in Deutschland leider nicht so leicht zu vermitteln, aber „Say Nothing” ist ein gut produzierter und solide inszeniertes Gesamtwerk, das sowohl für Kenner als auch für neue Interessenten geeignet ist. Vor allem die jüngeren Darsteller sind stark, es gibt einige großartige und fiese Szenen und das Thema ist auch heute noch relevant, um den Konflikt in Nordirland zu verstehen. Geschichtsinteressierte sollten sich die Miniserie ansehen, aber auch Fans des klassischen Dramas werden nicht enttäuscht sein. „Say Nothing” ist eine gute Miniserie mit starker Mitte, deren Anfang und Ende (auf hohem Niveau) nicht ganz mithalten können.



