Alles Licht, das wir nicht sehen – Liebesdrama-Kriegsserie, die man auch nicht sehen muss. Review Miniserie

„Alles Licht, das wir nicht sehen” basiert auf dem gleichnamigen Roman von Anthony Doerr aus dem Jahr 2014 und erzählt eine weitgehend solide Kriegsgeschichte im besetzten Frankreich des 2. Weltkriegs mit einer ordentlichen Portion Kitsch und Liebesdrama. Eigentlich hat diese 4-teilige Netflix Originalserie alle Zutaten, die es braucht: Tolle Schauspieler, schöne Bilder und eine interessante Grundgeschichte, doch das Gericht ist am Ende nicht mehr als passabel. Man würde es nicht zurückgeben, aber auch nicht wieder bestellen.

Im Wesentlichen spielt die Handlung in Saint-Malo, Frankreich, im Jahr 1944, einige Tage bevor die US-Amerikaner die Stadt von den Deutschen befreien. Dabei hilft ihnen eine junge, blinde Frau namens Marie-Laure (Aria Mia Loberti) die verschlüsselte Nachrichten der Resistance vordergründig „harmlos“ verpackt, per Radio vorliest und damit geheime Nachrichten für die Alliierten an den Deutschen vorbeischmuggelt. Doch diese Nachrichten schnappt der deutsche Funker-Soldat Werner (Louis Hofmann, „Dark”) auf, er entscheidet sich aber schnell, dies zu verbergen, weil er bereits vor dem Krieg diese Frequenz hörte, sie ihn von einer größeren Welt träumen ließ und er ohnehin keine großen Sympathien für die Nazis hegt. Außerdem verliebt er sich in die Stimme. Fortan sucht er sie und begibt sich damit auch auf einen Konfrontationskurs mit der eigenen Armee, während der Angriff der Amerikaner immer näher rückt.

Darüber hinaus gibt es noch eine seltsame Nebenstory um einen Diamanten, den Lars Eidingers Charakter – in seinem Hans Landa Cosplay – unbedingt haben möchte und zahlreiche Rückblenden, die das Tempo herausnehmen und meistens Dinge erzählen, die man bereits wusste. Die Darsteller sind das Faustpfand der Serie. Die tatsächlich blinde und daher sehr authentische Aria Mia Loberti spielt sehr gut, Louis Hofmann kann hoffentlich unabhängig des Gesamtwerks seinen internationalen Siegeszug antreten. Hugh Laurie ist eine nette und gut spielende Überraschung, Mark Ruffalo ist in der deutschen Synchronisation auch super, im Original aber wohl grauenvoll aufgrund eines seltsam gespielten französischen Akzents. Leider habe ich aber auch ein Problem mit der deutschen Synchronisation, wenn deutsche Darsteller als deutsche Soldaten oder auch Franzosen der Resistance untereinander englisch sprechen. Das wirkt dann doch etwas dumm bei einer Kriegsserie, die zumindest den Anschein erwecken möchte, historisch vernünftig zu sein.

Alles in allem wirkt die Serie sehr fragmentiert, gerade durch die zahlreichen Einzelsequenzen und Rückblenden. Leider muss auch sehr häufig der Zufall helfen, damit das vermeintliche Schicksal seinen Weg gehen kann. Auch die Logik darf man nicht auf die Goldwaage legen. Und vom Kitsch habe ich noch gar nicht angefangen. Aufgrund dieser ganzen Makel bleibt „Alles Licht, das wir nicht sehen“ insgesamt klar unter seinen Möglichkeiten, auch wenn einzelne Versatzstücke sehr gut sind, funktioniert das Gesamtbild leider nur auf visueller Ebene, aber nicht auf inhaltlicher.

70/100
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