The Haunting of Hill House – Spukschloss oder Wahnvorstellungen? Review Horror-Miniserie

Ich mag, dass „The Haunting of Hill House“ in seinen 10 Episoden keine reine Horrorserie ist, sondern sich stattdessen viel Zeit für die Figuren nimmt und diese umfassend darstellt. Es werden viele Sendeminuten auf Dialoge und Monologe verwendet, ab und an gibt es einen Jumpscare oder – noch viel schöner – Geister, die man im Hintergrund sieht. Anfangs ist die Erzählweise extrem fragmentiert, Folge für Folge steht einer der 5 Geschwister im Vordergrund mit der eigenen Geschichte, die danach in die Haupthandlung integriert wird. So erhalten alle Charaktere Platz und Raum zum Atmen und das Mosaik setzt sich nur langsam zusammen. Das ist in Teilen etwas langatmig, weil man sich etwas hingehalten fühlt. Das kann man aber verschmerzen, weil alles in einer fantastischen 6. Folge kulminiert. In nur wenigen langen Plansequenzen (ich glaube 3) wird der Großteil dieser Folge mit einer sich häufig um sich selbst drehender Kamera und permanenten Schauspieler- und Settingswechseln inszeniert, was ich gerade mit Kinderdarstellern als überragende Qualität bewerte. Die Folge hat mich umgehauen. Ab diesem Zeitpunkt nimmt die Handlung zwar an Tempo auf, aber mit einigen fehlenden Mysterien kann die Serie die hohe Qualität der beiden mittleren Episoden (5&6) nicht mehr ganz halten. Dennoch ist das Ende recht stimmig. 

Die Dialoge sind nicht immer auf einem Topniveau, aber ich fand es überwiegend logisch (im Geisterkosmos) und hübsch inszeniert, obwohl die Szenen manchmal etwas zu kulissenhaft wirken. Die Darstellerregie platzt nicht vor Stars, aber sie sind passend besetzt und meistens ganz gut. Bis auf wenige Jumpscares (die ich nicht zwingend gebraucht hätte) fokussiert sich Flanagan eher auf psychologischen Horror und die Frage: Geister oder Wahnvorstellungen? Das ist eine gute Nachricht für Schisser, die sich sonst nicht trauen würden: Man kann die Serie auch schauen, wenn man nicht horrorgestählt ist, aber eine gewisse Affinität und nicht zu große Angst vor der Dunkelheit wären hilfreich.

Die sehr gut inszenierte Serie ist in Teilen etwas langatmig und konnte mich letztlich nicht so sehr packen wie „Midnight Mass”. Beide Serien verbindet allerdings ähnliche Stärken, „The Haunting of Hill House” ist in seiner Erzählung etwas klassischer und wird so beim Mainstream besser ankommen. Ich kann beide Serien nur empfehlen.

80/100
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