Ratched – Das Mystery-Prequel zu „Einer flog übers Kuckucksnest“. Review Staffel 1

Doch zunächst zum Inhalt. Frau Ratched (Sarah Paulson) zeckt sich durch Erpressung und Manipulationen 1947 in eine Nervenheilanstalt ein, in der mit äußerst zweifelhaften (damals experimentellen) Methoden versucht wird diverse psychische Probleme zu heilen. Wenn man nur an diese Methoden denkt, kann einem schon übel werden, es handelt sich um Lobotomien oder sogenannte Hydrotherapien, bei denen Menschen effektiv gekocht werden… Das ist nichts für den zarten Magen, ist aber leider auch nicht ins Reich der Fabeln zu verweisen, sondern basiert durchaus auf der damaligen Realität. Doch Schwester Ratched möchte nicht nur Menschen helfen oder sie quälen, ihre tatsächlichen Beweggründe sind persönlicher Natur und werden schnell deutlich. Die Machtdynamiken innerhalb der „Heilanstalt“ werden im Verlauf der Geschichten verschoben, wenn mehr zu den Vergangenheiten der Figuren an die Oberfläche gelangt. Das klingt alles etwas um den heißen Brei geredet, aber ich möchte nichts spoilern.

Visuell beeindruckt die Serie, die Produktion ist solide. Interessant sind der fast omnipräsente Einsatz von Musik und diverse Anleihen bei klassischen Filmen – man merkt den Machern die Liebe zu einigen Klassikern an. Hinzu kommt eine ausgeprägte Brutalität, weil Menschen de facto gefoltert werden und auch eine große Konsequenz, gerade Ratched schreckt vor kaum etwas zurück. Diese gewagte Mischung aus Hommagen an Klassiker und (blutige) Brutalität ist gewagt, funktioniert aber überraschend gut. Problematisch wird es leider bei der Geschichte. Durch zahlreiche Rückblicke und Hintergrundinformationen zu allerhand Personen wirkt die Handlung schnell überfrachtet und man wird häufig aus spannenden Situationen herausgerissen. Dabei wird der rote Faden teilweise komplett aus den Augen gelassen. Als Zuschauer fühlt man sich verloren, einige Handlungen und die schnellen Änderungen der Haltung der Personen sind schwer nachzuvollziehen – auch weil einige Charaktere sich eher wie Karikaturen anfühlen. Zum Teil wird betont langsam erzählt, so dass jegliches Tempo verfliegt. Dass es trotzdem nicht komplett langweilig wird, liegt an den Twists und der schon angesprochenen Konsequenz.

Was bleibt damit am Ende einer zu früh beendeten Serie? „Ratched” ist eine künstlerisch durchaus wertvolle Serie, die in ihrer Produktion viel richtig macht, deren Unterhaltungswert aber durch eine aufgeblähte, schwer zu greifende Story etwas auf der Strecke bleibt. Weil ich einige bittere Sequenzen dennoch sehenswert fand, erhält die Serie von mir noch 75%. Ich weiß aber ehrlich gesagt nicht, wem man die Serie – aufgrund des sehr schweren Themas – empfehlen kann.

75/100
Total Score
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