Three Girls – Bitteres Dokudrama über Grooming und Missbrauch. Review Miniserie

„Three Girls” ist eine fiese True Crime BBC Miniserie, die die Missbrauchsfälle von Rochdale, England, im Jahr 2008 thematisiert und dabei sowohl das Polizeiversagen als auch die großen Belastungen für die vergewaltigten und „gegroomten” minderjährigen Mädchen in den Mittelpunkt stellt. Die nur dreiteilige Miniserie erinnerte mich an „Unbelievable”, ist aber etwas dokumentarischer und für mich leider einen Tick schlechter. Doch dennoch ist die Miniserie sehr sehenswert und gleichermaßen schwer zu empfehlen, weil das Thema schwierig und schwer zu ertragen ist.

Die Serie reklamiert für sich nicht nur auf wahren Begebenheiten zu beruhen, sondern die damaligen Ereignisse möglichst genau wiederzugeben. Dabei wird später sogar auf Gerichtsprotokolle verwiesen. Das sorgt gemeinsam mit dem guten Spiel des Ensembles und einer dynamischen Kamera, die stets nah an den Gesichtern ist und den Figuren folgt, für eine hohe Authentizität. Einzig das junge Alter der Hauptfiguren nimmt man den Darstellerinnen leider zu Beginn des Erzählzeitraums von etwa 4 Jahren nicht ab. Die erste der jeweils 50 minütigen Episoden beschäftigt sich mit dem Grooming der jungen Mädchen, dem sexuellen Missbrauch und den Vergewaltigungen, sowie der Darstellung des ganzen Systems des organisierten Rings der sexuellen Kriminalität. „Grooming” muss ich vielleicht noch kurz erklären: Es handelt sich dabei um die gezielte Annäherung von Erwachsenen (Pädokriminellen) an Minderjährige mit dem Ziel sie sexuell zu missbrauchen. Die Opfer dessen sind Kinder aus „schwierigen Verhältnissen”, die teilweise von zuhause weggelaufen sind, teilweise durch Probleme innerhalb der Familie leichte Ziele für die Täter geworden sind. 

Im Zentrum der Serie stehen Holly (Molly Windsor), Ruby (Liv Hill) und Amber (Ria Zmitrowicz). Amber wurde zuerst gegroomt, sorgt aber nun auch aus großer Angst dafür, dass neue Mädchen zu Opfern werden. Nach diesem schwer erträglichen Beginn steht zunächst das Versagen des Systems im Mittelpunkt. Eine Polizei, die sich nicht interessiert, ein Jugendamt, das jegliche Verantwortung von sich weist und eine Staatsanwaltschaft, die keine Anklage erheben möchte. Lediglich Sara (Maxine Peake), eine Mitarbeiterin der Gesundheitshilfe, glaubt den Mädchen, hat allerdings keine Handhabe. In Folge 2 wird der Fall von der Polizei endlich ernst genommen und neu aufgerollt, allerdings ist es nicht einfach das Vertrauen der Opfer zurückzugewinnen. Die abschließende 3. Episode behandelt vor allem das Gerichtsverfahren.

Die Inszenierung und die Regie sind solide, manchmal wirkt die Erzählweise etwas sprunghaft. Darüber hinaus werden einige Momente teilweise zu plakativ auserzählt, in der Hoffnung noch jedes Thema am Rande zu behandeln (Rassismus, rechte Spinner), was es nicht gebraucht hätte und manchmal zu allzu typischen, klischee-behafteten Dialogen führt. Doch im Kern ist „Three Girls” eine wichtige Serie über einen realen True Crime Fall, der mehr Aufmerksamkeit verdient hat, da er auch grundsätzliche Fragen stellt und das System gesellschaftskritisch hinterfragt. Dabei ist die Miniserie teils schmerzhaft anzusehen, was durch die Fakten am Ende der letzten Folge, die den Verbleib einiger Personen erklären, sogar noch verstärkt wird. Deswegen ist „Three Girls” letztlich auch eine Serie, die einen wütend zurücklassen kann. Wenn man sich nicht mal einheitlich darauf verständigen kann, dass Menschenhandel, sexueller Missbrauch, Grooming und Vergewaltigungen von minderjährigen Mädchen (egal aus welcher Gesellschaftsschicht) zu verurteilen und zu verfolgen sind, dann fällt einem dazu wenig ein.

Dem Dokudrama, das diesmal den Namen der Doku auch wirklich verdient hat, gelingt es die damaligen Geschehnisse gekonnt zu vermitteln. Dabei könnte die Miniserie besser produziert und manchmal etwas besser geschrieben sein, doch letztlich haben die drei Folgen ein hohes Tempo und illustrieren den damaligen schockierenden Fall gekonnt. Deswegen ist „Three Girls” eine britische Serie, die man gesehen haben sollte, zumindest wenn das Thema der Vergewaltigung einen nicht zu sehr triggert.

82/100
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