„The Trials of Gabriel Fernandez” war eine der ersten True Crime Dokus, die mich emotional hart getroffen und mitgenommen haben. Durch den Mord und die Folter an einem kleinen 8-jährigen Jungen in den USA und haufenweise echten Audioaufnahmen wird ein emotionales und unmittelbares Bild einer grauenvollen Tat nachgezeichnet.
Die 6-teilige Netflix Doku-Miniserie thematisiert den Tod des kleinen Gabriel Fernandez selbst und liefert darüber hinaus auch die Prozessbegleitung. Denn seine Mutter und deren Freund hatten den Jungen gefoltert und ermordet. Inwiefern ist die Mutter dafür verantwortlich und wie konnte die Misshandlung des Jungen niemandem auffallen? Warum konnte niemand reagieren – oder konnte man reagieren, aber niemand tat es? Diese und viele weitere Fragen, auch nach dem Bösen selbst, wirft die Doku-Serie auf.
Die Geschichte ist durchgehend harter Tobak und nichts für schwache Nerven, man kommt aus dem Kopfschütteln kaum noch heraus und kann auch wütend werden. Die Serie versammelt viele verschiedene Interviewpartner aus allen Ecken vor der Kamera, wodurch ein gutes Gesamtbild vermittelt wird. Zudem ist das Geschehen im Gericht komplett dokumentiert, man hört häufig originale Audioaufnahmen von den Anwälten oder weiteren wichtigen Personen im Gerichtssaal. Somit wirkt die Doku relativ lückenlos, am Ende sieht man sogar die Geschworenen und erfährt auch kurz, wie die Urteilsfindung ablief.
Ein guter Einblick wird darüber hinaus in das Verhalten des Jugendamts im LA County geworfen, wodurch das ganze System in Frage gestellt wird. Gibt es genügend Mitarbeiter? Wann müssen sie handeln? Hätte man den Mord verhindern können? Insgesamt ist „The Trials of Gabriel Fernandez” eine gute Doku, die an einigen Stellen vielleicht etwas stark auf Emotionalität abzielt, aber letztlich durch das umfassende Bild überdurchschnittlich gut und mitreißend ist. Aber eben auch zutiefst bitter.



