Extracurricular – Teenie K-Drama + Prostitution = Katz-und-Maus-Spiel. Review Miniserie

„Extracurricular” ist eine schwierig zu fassende 10-teilige Miniserie, die Ausgangssituation ist folgende: Der ruhige, unauffällige Musterschüler Jisoo (Kim Dong-Hee) verdient nebenbei mit einem Geschäft viel Geld, bei dem er per App junge Frauen an Männer vermittelt. Er ist damit ein Escortservice/Zuhälter. Doch in dieser Struktur gibt es auch einen Aufpasser für die Mädchen, der in brenzligen Situationen eingreift und so für die Sicherheit der Prostituierten sorgt. Weil dieser Aufpasser sehr viel zu tun hat, greifen die Mädchen gerne auf Jisoos Service zurück, auch eine seiner Mitschülerinnen arbeitet unbewusst für ihn. Denn Jisoo agiert unter dem Pseudonym „Onkel” und kommuniziert weder mit dem Aufpasser noch mit den Mädchen direkt, sondern nur über einen Stimmverzerrer oder Textnachrichten. Doch die neue, reiche Schülerin Bae Gyu-ri (Park Ju-hyun), die von Jisoo an der Schule eingewöhnt werden soll und in die sich Jisoo passenderweise verliebt, scheint dem Musterschüler mit Doppelleben langsam auf die Schliche zu kommen.

Ich empfehle zunächst nicht nur die erste, sondern mindestens die ersten beiden Folgen zu schauen, weil erst dann der Weg für die weitere Handlung geebnet wird und man besser entscheiden kann, ob man der ungewöhnliche Genremelange eine Chance geben möchte. Denn die 1. Episode ist noch recht klischeereich und schreit „Teenie-Drama”, dieses Genre gerät allerdings im Verlauf weiter in den Hintergrund. Nachdem sich die Handlung nach dem überraschenden Setup zunächst etwas langsamer entfaltet, merkt man, dass sich für Jisoo die Situation zuspitzt. In Episode 6 platzt dann die Bombe, das Tempo zieht ordentlich an und gipfelt in einer hervorragenden 9. Folge, die sehr sehenswert ist und sicherlich den Höhepunkt der Serie bedeutet. Die letzte Folge kann das Niveau leider nicht halten, trifft einige unliebsame Entscheidungen und enttäuscht dadurch etwas. Das ist sehr schade, weil ein rundum gelungener Abschluss zu einer höheren Bewertung geführt hätte.

Ganz spannend ist, dass die Serie auf eine jugendliche Zielgruppe abzielt, am Ende jeder Folge gibt es auch den Hinweis, wo man sich als Schüler melden kann, wenn man Probleme hat. Dennoch ist sie ab 16. Damit wirkt „Extracurricular” ein wenig wie das koreanische „13 Reasons Why”, aber sie ist deutlich blutiger. Auch aufgrund der Zielgruppe überraschte mich die Dekonstruktion des High School Teenager-Dramas und die Verknüpfung mit zahlreichen Thrillerelementen. Gerade im Verlauf treten die Verfolgungsjagden, das Katz-und-Maus-Spiel und spannende Sequenzen in den Vordergrund. Die Produktion, die Kamera und der Schnitt sind solide bis gut. Die Serie hat einen deutlichen (koreanisch-typischen) Hang zum Overacting. Dadurch und durch die wahnsinnig konstruierte Handlung fehlt es manchmal an etwas Glaubwürdigkeit und Authentizität. Denn leider ist auch Kommissar Zufall nie fern. Da fällt mal ein Handy aus der Tasche, da ist ständig jemand zufällig am richtigen Ort, um die Handlung voranzutreiben. Diese Momente sind leider recht auffällig und wirken nie klug. Auch einige Dialoge enden unnötigerweise zu früh, vernünftige Gespräche werden nicht vollendet.

Wenn man über diese Dinge hinwegsehen kann, bekommt man mit „Extracurricular” eine ungewöhnliche Serie, die viele (Highschool-) Klischees abfeuert, aber in seinen Thrilleraspekten überzeugen kann und auch überraschend gute emotionale Momente bietet. Im Laufe der Serie entwickeln die Hauptfiguren auch eine eher untypische Tiefe, die mir sehr gut gefiel. Nachdem ich mich zu Beginn mit den Themen noch etwas haderte, wuchs die Serie mit laufender Dauer bei mir immer weiter, so dass ich sie ab der 2. Hälfte wirklich gerne mochte. Für viele wird der Genrewechsel allerdings weniger funktionieren. Somit ist „Extracurricular” eine polarisierende Serie, die für mich sogar die 80er Marke geknackt hätte, wenn das Ende besser wäre.

78/100
Total Score
Nach oben scrollen