„Killing Eve” ist die von Phoebe Waller-Bridge entwickelte Serie über eine Auftragskillerin und ihre „Jägerin“ beim MI6, die auf den „Villanelle” Romanen von Luke Jennings basiert. Die Serie bietet eine krude Mischung aus klassischen Agentenplots und Kriminalgeschichten mit deutlichen Comedyelementen, etwas Brutalität, viel Drama und noch mehr Faszination und Obsession der beiden Hauptcharaktere füreinander. Waller-Bridge ist nicht, wie in „Fleabag”, auch vor der Kamera zu sehen, sie war die Hauptautorin der mit Abstand stärksten Staffel: Der 1. Vor allem ab Staffel 3 ging es rapide bergab, Staffel 4 war eine Farce.
Im Zentrum der absurden Geschichte steht Villanelle (Jodie Comer), eine menschlich schwierige Auftragskillerin, die für eine größere, mysteriöse Organisation arbeitet. Direkten Kontakt hält sie allerdings nur zu ihrem Vorgesetzten Konstantin (Kim Bodnia), der ihr stets neue Aufträge erteilt, die sie mit großer Kompromisslosigkeit und ohne Drama ausführt. Ihr auf den Versen ist Eve Polastri (Sandra Oh) vom MI6, die so fortan quer durch Europa jagt. Diese Jagd wirkt fast wie ein Städtetrip, sieht man doch gerade in den ersten beiden Staffeln eine ganze Reihe von verschiedenen Drehorten europaweit, wo „Villanelle” zugeschlagen hat und Eve ihre Spur weiterverfolgt. In den teils sehr pointierten, starken Dialogen wird die Jack the Ripper Tour durch London erwähnt – ein guter Vergleich für das, was inhaltlich in Staffel 1 europaweit passiert. Im Verlauf der Geschichte entwickeln Jägerin und Auftragskillerin eine seltsame Faszination füreinander, die vor allem in den direkten Konfrontationen deutlich wird. Mit der Zeit interessiert sich Villanelle auch mehr für die Organisation, für die sie arbeitet.
„Killing Eve” ist eine spezielle Mischung, die mit Staffel 1 als absolute „Must-See”-Serie galt. Die 8 Episoden der 1. Staffel können diese hohe Erwartungshaltung durchaus erfüllen, auch wenn man als Zuschauer einen gewissen Hang zu Absurditäten haben sollte. Die Brutalität der Ermordungen wird immer wieder mit Comedy beantwortet und garniert. Die Jagd entwickelt sich zu einer Obsession. Darüber hinaus scheut die Serie bei einigen Figuren überraschend keine Konsequenzen, andere Charaktere haben (leider) zu starken Plotarmor, damit Cliffhanger erschaffen werden… die meist schwach aufgelöst werden. Durch die immer frischen Settings ist man gut unterhalten, bis es jeweils am Ende der Staffeln zu den Showdowns kommt, die in Staffel 1 und 2 noch zu begeistern wissen. In der starken ersten Staffel und der weiterhin guten zweiten Staffel überzeugt die Serie als seltsame „Feel Good-Mordserie”.
Problematisch ist die weitere Vision der Serie. Der Höhepunkt ist das Zusammentreffen der beiden Kontrahentinnen am Ende der ersten Staffel, aber danach geht es noch sehr viele Folgen weiter. Wie füllt man diese unterhaltsam und schlau aus, ohne sich ständig zu wiederholen, Tote auferstehen zu lassen und sich in quatschigen Twists zu verstricken? Das gestaltet sich als sehr schwierig, wie man vor allem ab Staffel 3 bemerkt. Denn während Staffel 2 mit einem weiteren Plot noch relativ gut gelöst wird, wirkt Staffel 3 sehr ziellos, teils langweilig, bis die letzte Folge zumindest wieder etwas Spannung bringt. Man konnte aber bereits deutlich bemerken, dass der Serie die übergeordnete Idee fehlt.
Staffel 4 treibt die Makel leider auf die Spitze. Sie beginnt sehr durcheinander. Alle Figuren sind mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, Villanelle ist zunächst auf einem quatschigen religiösen Selbstverbesserungstrip, Eve will die 12 finden. Dabei ist die Geschichte etwas konfus und in seinen Geschichten immer schnell auf den schlechtesten, schnellen Gag aus, statt irgendeine Tiefe zuzulassen. Irgendwann trifft man sich, dann gibt es ab und an einige Tötungssequenzen zu lauter (Pop-)Musik, aber auch weiterhin viel Exposition, die in einer letzten Staffel etwas deplatziert wirkt. Doch das Finale, die letzte Folge, ist eine Frechheit. Die finale Staffel endet wirklich schwach und komplett überhastet, was die Serie insgesamt zu einem sehr unbefriedigenden Abschluss führt. Dennoch verstehe ich (bis aufs Ende) nicht vollständig, warum die letzte Staffel online so gehasst wird. Sie ist eine logische – noch leicht schlechtere – Entwicklung der sehr ziellosen und teilweise langweiligen 3. Staffel. Man merkt am Ende überdeutlich, dass man nach Staffel 1 keine Ideen mehr hatte, aber dennoch weitermachte, weil der Erfolg da war.
Das Finale ist letztlich der Sargnagel, der in Sachen Empfehlung bedeutet: Schaut euch Staffel 1 an und hört danach auf. Die Gesamtbewertung ist dadurch schwieriger, 75 gelten für alle Staffeln kombiniert, die 1. Staffel allein ist aber sehenswert und würde sicherlich im vernünftigen 80er Bereich landen.



