D.P. – Starkes K-Drama über Deserteure mit Full Metal Jacket-Vibes. Review Staffel 1&2

Im Zentrum der Geschichte steht Ahn Joon-Ho (Jung Hae-in), der in der Anfangszeit seines verpflichtenden Wehrdienstes Probleme hat sich in den Militärdienst und die Hierarchien zu integrieren – vor allem die fragwürdigen Verhaltensweisen der Kameraden belasten ihn. Er denkt dabei auch mal ans Desertieren, doch Sergeant Park Beom-gu (Kim Sung Kyun, „Karma”) erkennt in ihm Potenzial und unterbreitet ihm einen Vorschlag. Nach der anfänglichen mobbingdurchtränkten Reise landet Ahn Joon-Ho somit letztlich bei der D.P.. Diese Sondereinheit soll Deserteure einfangen und gewährt den Verfolgern eigene Freiheiten als Anreiz für diesen von den Kameraden wenig respektierten Job. Die D.P.-Mitarbeiter sind häufiger außerhalb der Militärbasen in Zivil unterwegs und deutlich weniger in den normalen Militärapparat integriert. Anfangs verfolgen Ahn Joon-Ho und seine Kameraden die Deserteure mit Elan quer durch das ganze Land, im weiteren Verlauf lernen sie die Desertierenden und ihre Motive allerdings genauer kennen. Irgendwann stellt sich die Frage, ob sie wirklich jeden zwingend zurückbringen sollten…

„D.P.” ist generell im special interest-Bereich einzuordnen. Doch was die Serie zum Genregulasch macht, sind ihre vielschichtigen Themen: Die harte Militärausbildung mit viel Mobbing wird verknüpft mit seltsam lustigen, fast slapstickartigen Szenen, die wiederum von actionreichen Verfolgungsjagden und Faustkämpfen abgelöst werden. Doch am Ende ist „D.P. letztlich das ganz große Drama, mit speziellem Fokus auf dem Familiendrama.„D.P.” fühlt sich etwas wie ein koreanisches „Full Metal Jacket” an, ergänzt dies allerdings mit humorvollen Deserteur-Verfolgungsjagden und spart den richtigen Kriegseinsatz aus. 

Die Serie ist gut produziert, die Machart ist solide, beweist allerdings ein ganz feines Gespür für hochemotionale Szenen. Die Kamera ist gut, die Effekte sehen ok aus, allerdings auch nicht überragend. „D.P. ist keine absolute Hochglanzserie, kann mit den eigenen Mitteln aber stets alles erzählen, was es erzählen möchte. Das ist das Wichtigste, denn die Handlung ist definitiv der Star dieser Serie, die vor Konsequenzen und fiesen Szenen keinesfalls zurückschreckt. Schauspielerisch kann man typisches, emotionales, südkoreanisches Acting erwarten, was allerdings in den meisten Fällen angesichts der Schwere der Themen auch angebracht ist. Die Serie umfasst aktuell 2 Staffeln à 6 Episoden.

Staffel 1: Die 6 Folgen sind schnell erzählt und sorgen für ein gutes Pacing. Die erste Episode bietet ein gelungenes Setup, die Folgen 2-4 fühlen sich jeweils fast mehr wie Einzelepisoden an, da es sich grob um einen Deserteur pro Folge handelt. Doch am Ende der 4. Folge nimmt „D.P. Fahrt auf und steigert sich qualitativ. Denn wenn die ganzen Zusammenhänge ersichtlich werden und ein größeres Bild gezeichnet wird, dann ist „D.P.” auf die Nase schmerzhaft, konsequent und passend emotional. Besonders die letzten beiden Folgen 5+6 sind stark, vor allem die letzte Folge hat mich komplett umgehauen! Ich empfehle unbedingt nach den ersten Credits der letzten Folge noch dran zu bleiben und alles aufzunehmen, was man danach erst einmal sacken lassen muss.

Staffel 2 habe ich leider im Gegensatz zur ersten Staffel im Originalton schauen müssen, Netflix bietet (aktuell) noch keine deutsche Synchronisation an. Inhaltlich schließt die zweite Staffel direkt an das dramatische Ende der vorherigen Staffel an, wobei sich die erste Folge zunächst Zeit für eine neue Exposition nimmt. Folge 2 führt die Handlung aus Staffel 1 allerdings großartig weiter, Episode 3 ist etwas zu viel Slapstick, Folge 4 bietet eine interessante Genremelange aus Detektivgeschichte und minimalen Horrorelementen, was zu einer sehr seltsamen und merkwürdige, aber auch sehr guten Folge führt. Die Episoden 5 und 6 treiben die Haupthandlung voran und behandeln nun auch Militärgeheimnisse und mögliche große Konflikte. Mit viel mehr Einsatz kann kaum gespielt werden. Das Ende der zweiten Staffel ist vielleicht etwas zu absurd und auch nicht mehr ganz so realistisch wie zuvor, das große Drama kann allerdings dennoch erneut punkten. Grundsätzlich empfand ich Staffel 2 in seiner Gesamtheit als etwas stärker als die erste Staffel, doch an Folge 6 der ersten Staffel kam leider keine Folge heran. 

Zusammenfassend sind beide Staffeln auf einem ähnlichen Niveau. Ich möchte „D.P.” großflächig empfehlen. Das Setting des Innenlebens des Militärs mit all seinen Schwierigkeiten und den „Full Metal Jacket”-Vibes brilliert, die Slapstick-Sequenzen störten mich überraschend wenig, das menschliche Drama kann fast durchgehend auf einem hohen Niveau überzeugen. Auch die Konsequenz und die drückende Atmosphäre haben mir sehr gut gefallen. Letztlich handelt es sich bei „D.P.” um einen absolut sehenswerten Geheimtipp, den man allerdings aufgrund des schweren Militärthemas auch nicht so leicht vermitteln kann. Ich plädiere dennoch dafür, der Serie eine Chance zu geben.

84/100
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