Vor „Maniac” galt Cary Joji Fukunaga als der nächste große Stern am Serienhimmel, der sich seine Projekte frei aussuchen konnte. 2014 brillierte er als Regisseur der fantastischen ersten Staffel von „True Detective”, auch der bittere, aber starke Spielfilm „Beasts of No Nation” über Kindersoldaten zementierte die Meinung, dass er ein Riesentalent sein könnte. Doch dann polarisierte er mit der Netflix Serie „Maniac”, die viele hassen und einige sehr lieben. Ich wusste bis zum letzten Drittel der Serie nicht, ob ich sie mag oder nicht, letztlich war ich aber leicht positiv gestimmt.
Doch worum geht es? Das ist in dieser Serie, die vordergründig seltsame Comedy mit Psychodrama verbindet und darüber hinaus noch so viele andere Genres bespricht, nicht leicht zu beantworten. Im Zentrum stehen Annie (Emma Stone) und Owen (Jonah Hill), zwei psychisch kranke Menschen, die von einer klinischen Studie angelockt werden, die behauptet innerhalb von 3 Tagen alle ihre Probleme zu lösen, sie gesund werden zu lassen. Anhand von Therapiegesprächen und Medikation soll ein glückliches Leben danach gelingen, ohne große Nebenwirkungen. Das klingt zu gut, um wahr zu sein? Schon und es wird ziemlich absurd und gehirnverbiegend („mindbending” – gibt es das als deutsches Wort?). Denn in diesem Labor werden die Probanden zu Versuchssubjekten, die anhand von Halluzinationen oder Träumen immer wieder in unterschiedliche Settings hineingeworfen werden, die ihnen irgendwie bei ihren Problemen helfen sollen.
Das klingt nicht nur seltsam, das ist es auch. Dabei entsteht ein wahres Genregulasch, da vor allem in der Mitte der 10-teiligen Miniserie Folge für Folge ein unterschiedliches Genre bespielt wird. Mal spielt die Handlung in den 80ern, dann in einer Fantasywelt, dann in einem Neo-Noir-Setting, eine Episode verschreibt sich dem Action-Geballer, eine weitere Folge erinnert stark an Agatha Christie Geschichten. Man könnte die Serie in diesem Abschnitt auch als „Style over Substance” beschreiben und würde damit richtig liegen. Denn inhaltlich sind die verschiedenen Settings weniger relevant, aber auf der visuellen und kreativen Ebene sind die Episoden und Ideen ein Gaumenschmaus. Da hatte jemand Bock, sich mal in all diesen verschiedenen Genres auszuprobieren. Dieses Jemand war eben Fukunaga, der danach auch noch den Craig-Abschiedsbond „No Time to die” inszenierte, seine Karriere aber nie wirklich abhob. Das Pacing der Serie ist anfangs etwas langatmig, die Skurrilität und die schwierige Comedy werden sicherlich nicht alle begeistern können. Insgesamt wird „Maniac” Genrefilm-Fans vielleicht etwas besser gefallen als Serienfans, die vor allem nach einer guten Geschichte suchen.
Die damals riesigen Erwartungen konnte die Serie letztlich nicht erfüllen, aber dennoch ist „Maniac” in der Nische sehenswert. Eine Serie, wie kaum eine andere, die einen auf einen Trip durch die verschiedenen Genres mitnimmt und eine Liebeserklärung an den Film abgibt. Dennoch fehlt es inhaltlich an einigen Stellen. Somit ist „Maniac” eine visuell beeindruckende Serie mit zum Teil stark überzeichneten Charakteren, die vor allem Zuschauer ansprechen kann, die gelangweilt vom sonstigen Serien-Einheitsbrei sind und sich mit seltsamen Figuren arrangieren können.



