Zimmer 108 – Wenn der Geist den eigenen Mord aufklärt. Review Staffel 1

„Zimmer 108” ist eine belgische Krimi-Fantasy-Mystery-Drama-Serie mit Geistern und dementsprechend einer großartigen Prämisse, die leider mehr verspricht, als sie letztlich einhalten kann. Ich bespreche nur die zehnteilige 1. Staffel.

Die Hauptfigur der Geschichte ist eine junge Frau namens Kato Hoeven (Lynn Van Royen), die im Zimmer 108 (deutscher Titel) des Hotels Beau Séjour (Originaltitel) ermordet wird. Doch entgegen typischer Krimigrundsätze stehen fortan nicht nur ihre Familie und die Kommissare im Mittelpunkt, sondern auch sie selbst. Denn Kato bleibt als sehr ungeistiger Geist (sieht normal aus) zurück und möchte ihren eigenen Mord aufklären. Leider fehlt der Mordtag komplett in ihren Erinnerungen, so dass sie selbst ermitteln muss. Damit sie ihre Ergebnisse auch mitteilen kann, gibt es einen Kniff: Zunächst können sie 5 Personen aus ihrem näheren Umfeld weiterhin sehen. Diese hatten mit ihr in der Mordnacht direkten Kontakt.

Die Ausgangssituation mit Fantasyelementen und das Setup in Folge 1 und 2, unter anderem mit Katos eigener Beerdigung, gefielen mir gut. Doch danach bekommt man schnell das Gefühl, dass die Geisterthematik aufgesetzt wirkt und zum Gimmick wird. Denn die Folgen 3-6 beschäftigen sich pro Folge nur etwa fünf Minuten mit dem Fortschreiten der eigentlichen Handlung und ergehen sich stattdessen in Figurenbeschreibungen und Charakterentwicklungen des sehr großen Ensembles sowie ein paar falschen Fährten, die teilweise wenig bis nichts mit der Hauptstory zu tun haben. Dort versucht beispielsweise Katos Vater seine Fähigkeit mit Geist-Kato zu reden, dazu zu nutzen seiner Exfrau näherzukommen, die aber bereits seit langem wieder verheiratet ist. Dann schmeißt sich Katos Stiefschwester an Katos Exfreund ran (auch wenn sie Geist-Kato versichert das nicht zu tun). Darüber hinaus hat die deutsche Kommissarin ein Problem mit ihrer örtlichen Psychiater-Mutter, der ortsansässige Kommissar ist korrupt, die Liste ist endlos. Doch was mir am beknacktesten vorkam: Kato interessiert sich mittendrin auch nicht wirklich für ihren eigenen Mord, sondern verliebt sich in eine der 5 noch möglichen Personen und auch dort entfacht sich eine Liebesbeziehung, inklusive Geistersex. Wie das funktioniert oder von außen aussehen soll für Leute, die Kato nicht sehen können… I don’t know, aber über ein sinnvolles Einbauen der Geist-Kato scheinen die Macher nicht wirklich gut nachgedacht zu haben.

Gen Ende, ab Folge 7 nimmt der Mordfall endlich wieder Fahrt auf, die letzten beiden Folgen (9&10) besinnen sich endlich auf das gute alte „Whodunit?“, also wer hat es getan, wer ist der Mörder? Das wird recht spannend und ganz gut erzählt, obwohl ich nicht ganz verstehe, wie Kato überhaupt noch verletzt werden und bluten kann… Aber das muss man eben akzeptieren bei dieser Serie. Kato ist zwar ein Geist, aber eigentlich komplett menschlich von vorne bis hinten, nur dass sie eben nur wenige Leute sehen können (auch wenn die anderen natürlich nette Redepausen für sie lassen). Ob man die Auflösung cool findet oder vorher schon auf dem Zettel hatte, verbessert oder schmälert den Sehgenuss, ich fand es in Ordnung.

Letztlich ist„Zimmer 108” eine Serie, die auf dem Papier interessanter klingt, als sie wirklich ist. Sie hat einige gute Ideen, schöne Momente, aber auch ganz viel langatmigen Leerlauf (vor allem unnötigen Beziehungskram) in der Mitte mit komischen Charakterentscheidungen (wem Kato wofür alles vergibt) und dem steten Versuch noch einen draufzusetzen (Ines Schwangerschaft). Aber das größte Manko ist, dass sich die Geister-Prämisse zu sehr nach aufgesetztem Gimmick und zu wenig nach durchdachter Grundsatzentscheidung anfühlt. In Sachen belgischer Mystery-Krimi Serie möchte ich viel lieber „Tabula Rasa“ empfehlen.

71/100
Total Score
Nach oben scrollen