„Antidisturbios” ist eine spanische Drama-Thriller-Serie im Polizei Milieu, die das Thema der Polizeibrutalität behandelt. Die packende und großartige erste Folge beginnt mit der Räumungsaktion eines Hochhauses in Madrid durch sechs Bereitschaftspolizisten. Dabei geht etwas schief und fortan versucht eine interne Ermittlerin aufzuklären, was genau passierte und wer dafür verantwortlich ist. Ein Geheimtipp!
Bereits die erste Szene der 6-teiligen Miniserie konnte mich aufgrund von persönlicher Präferenz packen. Denn sie zeigt mit einer nahen Kamera eine Familie, die eine Runde Trivial Pursuit spielt. Hauptcharakter Laia (Victoria Luengo) vermutet, dass ihr Vater sie bei einer Antwort betrügt. Darüber bricht ein Streit aus, denn Laia kann sich nicht damit zufriedengeben oder darüber hinwegsehen. Eine klare Metapher für das, was noch kommen sollte. Doch zunächst gibt es einen harten Bruch und wir sehen Laia zunächst eine Weile nicht wieder. Stattdessen wechselt das Setting und die Handlung nimmt sofort Tempo auf.
Eine sechsköpfige Einheit vor Bereitschaftspolizisten muss eine Wohnungsräumung in einem Madrider Hochhaus mit Innenhof durchführen. Über die Hintergründe, mögliche Probleme oder sogar Widerstand scheinen die Polizisten nicht informiert zu sein, die sich so etwas naiv ins Chaos einer eskalierenden Situation stürzen. In sehr intensiven Szenen, mit der Kamera, die immer nah bei den Figuren und mit vielen Close-Ups operiert, wird das Geschehen in großer Hektik und mit wenig Übersicht erzählt. Inmitten der Konfusion werden auch die Abläufe der Polizisten und die Entscheidungen einzelner Figuren der Truppe in den Vordergrund gestellt. Denn letztlich endet der Einsatz in einer Katastrophe. In der Folge tritt wieder die beharrliche Laia auf den Plan, die mit ihrem Team von der internen Ermittlung feststellen soll, ob bei der Räumung Polizeiversagen vorlag und wer für die Fehler der Aktion verantwortlich war. Doch schon bald gibt es erste Anzeichen, dass der Fall weit über die Fehler der Bereitschaftspolizisten vor Ort hinausgeht und bereits der Räumungsbeschluss selbst fragwürdig war.
„Antidisturbios” ist ein typisches Beispiel des starken spanischen Thriller-Kinos, dass sich in den letzten 15-20 Jahren mit Klassikern, wie „The Body„, „der unsichtbare Gast“ oder „Parallelwelten“ einen Namen machen konnte. In diesem Fall wird die klassiche Thrillerkomponente mit eventuellen Machtmissbrauch und möglicher Korruption angereichert. Themen, die bereits bei einem vorherigen Werk der beiden Schöpfer Rodrigo Sorogoyen und Isabel Peña, dem interessanten „Macht des Geldes„, auf der Tageskarte standen und in „Antidisturbios” noch etwas besser ausgearbeitet sind.
Die Produktion ist sehr gut, die Darsteller verkörpern ihre Figuren glaubwürdig, die Welt wirkt authentisch, wodurch man sich in viele Charaktere – trotz ihres möglichen Fehlverhaltens – gut hineinversetzen kann, auch weil sie in Grauzonen angelegt sind. Als etwas störend, wenn auch zielführend, um Verwirrung und Hektik zu stiften, empfand ich die Jumpcuts in den ersten beiden Folgen, wo teilweise von Close-up auf Close-up derselben Person geschnitten wird. Dies bringt zwar Dynamik, ich bin aber eher Fan von den längeren Sequenzen ohne Schnitte, die die Miniserie glücklicherweise auch bietet. Generell sind die Actionsequenzen eine große Stärke der Serie – die Restaurantszene in der letzten Folge, oder auch die Bürosequenz sind genauso fantastisch wie die riesige Räumungssequenz in der ersten Folge oder die Hooligans in der 5. Episode. „Antidisturbios” beinhaltet zahlreiche sehr starke Sequenzen, häufig mit stimmiger Lichtgebung unter steter Hochspannung, die mich nachdrücklich beeindrucken konnten. Die Haupthandlung ist vielschichtig und gut durchdacht, wird allerdings leider nicht ganz in der Tiefe auserzählt, wie ich es mir gewünscht hätte. Auch ein Mitraten ist schwieriger. In der Mitte (Folge 3+4) verliert die Geschichte etwas an Tempo, das ist allerdings verschmerzbar, da die anderen Episoden auf einem hohen Niveau sind, vor allem die erste und die vorletzte Folge wissen auf ganzer Linie zu überzeugen.
Zusammenfassend ist „Antidisturbios” eine sehenswerte spanische Thriller-Miniserie über Polizei-Brutalität und Machtmissbrauch, die man sich entweder als Liebhaber von Thrillern oder aus Interesse über das (spanische) Polizeisystem anschauen sollte. Zudem ist sie ein wahrer Geheimtipp und eine Serie, die mehr Aufmerksamkeit verdient hat.



